Die Vorschriften zum Neubau von Wohnungen sollen entschlackt werden. Darauf hat sich die Landesregierung verständigt. Doch die Opposition ist noch skeptisch, ob die Einigung wirklich der große Wurf ist.

Stuttgart - Angesichts des Wohnungsmangels im Land will die grün-schwarze Landesregierung die Regeln für Neubauten entschlacken. Kurz vor der parlamentarischen Sommerpause einigte sich die Koalition doch noch auf Eckpunkte für eine Novelle der Landesbauordnung.

 

Zwar bleibt die viel diskutierte Pflicht zur Fassaden- und Dachbegrünung bestehen. Jedoch soll die starre Regelung zur Schaffung von Fahrradstellplätzen aufgeweicht werden. Bislang sieht die Landesbauordnung hier zwei Fahrradstellplätze pro Wohnung vor. Künftig soll sich die Zahl der Stellplätze flexibel nach dem Bedarf richten. Wie hoch der Bedarf ist, sollen die unteren Baurechtsbehörden bei den Landratsämtern ermitteln. Wie der CDU-Wohnungsbauexperte Tobias Wald am Donnerstag im Landtag in Stuttgart sagte, sollen zudem die Vorschriften für einen barrierefreien Zugang zu Wohnungen flexibler werden.

Kritik von der Opposition

Vereinfachungen soll es auch beim Bauen mit Holz, bei der Pflicht zur Schaffung von Kinderspielplätzen und bei der Aufstockung von Wohnhäusern geben. Künftig sind digitale Baugenehmigungen möglich. „Dadurch erreichen wir schnellere Bearbeitungszeiten und senken die Genehmigungskosten“, sagte Wald. Die Grünen-Wohnungsbauexpertin Susanne Bay verteidigte die weiter bestehende Begrünungspflicht. Kostentreiber beim Bauen seien andere Dinge - etwa die steigenden Grundstückspreise und die Preise für Bauleistungen an sich.

Die Opposition warf der Regierungskoalition vor, die Eckpunkte angesichts der von der AfD beantragten Landtagsdebatte schnell zusammengeschustert zu haben. Die Alternative für Deutschland (AfD) hätte am liebsten die Pflicht zu Radstellplätzen und zur Begrünung ersatzlos gestrichen, wie ihr Abgeordneter Anton Baron sagte. „Regelungen, die zur Verteuerung führen, müssen eingestampft werden.“ Denn hohe Wohnkosten träfen die finanziell schwächsten Bürger.

Die SPD forderte die Regierung auf, bei der Novellierung der Bauordnung Tempo zu machen. Bislang liege noch kein Gesamtentwurf für die geplanten Änderungen vor. „Unzählige Menschen im Land suchen dringend bezahlbaren Wohnraum. Dennoch lässt sich Grün-Schwarz bei der Landesbauordnung weiter Zeit“, sagte ihr Fraktionschef Andreas Stoch. Der FDP-Abgeordnete Erik Schweickert kündigte an, die Regierung an ihren Worten messen zu wollen. „Packen Sie das Ding an und gucken Sie, dass das Ding nicht zum Rohrkrepierer wird.“

Mieterbund geht davon aus, dass in Baden-Württemberg rund 150 000 Wohnungen fehlen

Die Einigung steht unter dem Vorbehalt der grün-schwarzen Regierungsfraktionen, die nach der parlamentarischen Sommerpause über das Thema beraten sollen. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) kündigte an, auf der Grundlage dann so schnell wie möglich einen Gesetzentwurf vorlegen zu wollen.

Der Deutsche Mieterbund geht davon aus, dass in Baden-Württemberg rund 150 000 Wohnungen fehlen. Die Lücke tut sich vor allem auch in Stuttgart und den angrenzenden Landkreisen auf. Tatsächlich wurden aber beispielsweise 2017 nach Angaben des Statistischen Landesamtes landesweit nur rund 38 000 neue Wohnungen fertiggestellt. Über die Novellierung der Landesbauordnung haben sich Grüne und CDU eine monatelange Auseinandersetzung geliefert. Die vielkritisierten Regelungen zur Begrünung und zum Bau von Fahrradstellplätzen waren 2015 unter der grün-roten Landesregierung in Kraft getreten.