Gut 10 000 Studenten gibt es an den fünf Hochschulen, doch Wohnraum ist knapp. Das lässt die Studenten manchmal zu skurrilen Mitteln greifen – aus Verzweiflung.

Ludwigsburg - Christian Nuglisch wohnt über einem Bordell. „Mich stört das nicht, solange ich keinen meiner Dozenten dort reingehen sehe“, sagt der Student an der Pädagogischen Hochschule (PH). Die Wohngemeinschaft eines anderen Kommilitonen hat ein Haus bezogen, in dem früher ein Swingerclub betrieben wurde. Die Duschen seien im Keller, und irgendwie versprühe die Wohnung einen ganz eigenartigen Charme. „Aber es sind halt typische Dreier-WGs“, sagt Nuglisch mit einem Schmunzeln.

 

Die Konkurrenz für Wohnungssuchende in Ludwigsburg ist groß. Besonders für Studenten. „Es gibt einfach zu wenig bezahlbare Unterkünfte“, sagt Anja Lederer vom Allgemeinen Studentenausschuss (Asta) der PH Ludwigsburg. „Mehr als 400 Euro Monatsmiete können die meisten Studenten nicht aufbringen.“

Aber bekanntlich macht Not ja erfinderisch. Daher greifen einige Studenten auf ungewöhnliche Methoden zurück. So wie Nuglisch und sein Kollege.

Die PH-Studentin Lena Ballmann berichtet von einem Bekannten, der über das Portal „WG-Gesucht“ eine Wohngemeinschaft der besonderen Art fand: Er kümmert sich um seine ältere alleinstehende Vermieterin, trifft sich mit ihr einmal die Woche zum Kaffeetrinken, erledigt kleinere Besorgungen und schaut nach ihr. Dafür wohnt er günstig in der Einliegerwohnung. „Sozialer Umgang für günstiges Wohnen“ nennt Ballmann das. „Solche Angebote findet man aber eher in der Zeitung“, sagt die Studentin.

300 Euro Prämie für eine Wohnung

Eine unkonventionellen Weg ist auch der PH-Student Martin H. gegangen, der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Ich hatte keine Lust, lange zu suchen, und habe eine Anzeige geschaltet: Suche Wohnung, biete 300 Euro“, sagt er. Das hat gewirkt: Kurz darauf hatte er eine Wohnung. Seine Mutter hat ihn auf die Idee gebracht. Seitdem hat er mehrmals auf die Art erfolgreich eine Unterkunft gefunden – und seinen Freunden von der Idee berichtet: „Die fanden das klasse, einige haben so schnell eine Wohnung gefunden.“

Wie verzweifelt manche Studenten sind, davon kann die Filmakademie-Studentin Caro Z. berichten, die ebenfalls anonym bleiben will. Manche Kommilitonen studieren Todesanzeigen, in der Hoffnung auf eine leer stehende Wohnung: „Na ja, das ist schon extrem und eher die Ausnahme.“ Ein anderer Altersgenosse habe sogar versucht, in den Akademiegebäuden zu übernachten. Schließlich gebe es im Keller Duschen. „Bedingung hierfür war allerdings, dass der Student über seine Erfahrungen ein Filmprojekt macht“, sagt Caro Z. schmunzelnd. Wieso es dann doch nicht dazu gekommen sei, kann sie nicht sagen.

Der Wohn-Tower ist bei Studenten unbeliebt

Die neuen Wohnheime im „Studidorf“ am Favoritepark sind bei den Studenten beliebt. Sie sind günstig und gemütlich. „Auf einen Platz muss man etwa ein Jahr warten“, sagt Sina Haigis, die in einem der Bungalows wohnt. Die älteren Wohnheime wie der sogenannte Tower an der Eduard-Spranger-Straße sind dagegen weniger attraktiv. „Hundsmiserabel“ sei der Zustand, es sei „kalt und nass“, sagt Nuglisch.

Manche Studenten bleiben gleich bei den Eltern wohnen oder suchen sich eine Wohnung außerhalb von Ludwigsburg. Dafür nehmen viele eine weite Anfahrt in Kauf. So wie die PH-Studentin Selina Hetzel, die in Fellbach-Schmiden wohnt, weil sie in Ludwigsburg nichts gefunden hat. „Wenn ich abends mit Freunden in Ludwigsburg weggehen will, ist das schon doof“, sagt sie. Nach dem Feiern muss sie mit dem Auto wieder zurückfahren. Inzwischen ist das für sie aber Routine – und ihre gemütliche Wohnung in Schmiden will sie nicht aufgeben.

An der Filmakademie ist das oft keine Lösung. In stressigen Zeiten arbeitet man bis spät nachts an Projekten und braucht eine Wohnung in der Nähe. „Es ist eine Katastrophe“, sagen Tim Markgraf und Rafael Schick, „ohne Vitamin B, also ohne die Hilfe von Freunden läuft da nix.“

Manchmal hilft einem das Glück. Die schon erwähnte Caro Z. hat ohne größere Suchaktionen direkt am Marktplatz ihre Traum-WG gefunden. Ganz ohne Todesanzeigen zu studieren. „Dort war eine ehemalige Freikirche. Die Kirchenbänke und den Altar haben wir zum Gemeinschaftstisch umfunktioniert“, berichtet sie.

Die Wände wurden mit lustigen Sprüchen bekritzelt: „Dann sieht das nicht mehr so brav aus.“ Der Vorteil: viel Platz für alle, und sogar bezahlbar.