Wohnungsmarkt in Stuttgart Alleinerziehend auf Wohnungssuche in Stuttgart

Michaela „Momo“ Mourlas ist 30 Jahre alt, Powerfrau mit gleich zwei Jobs, alleinerziehende Mutter der dreijährigen Eléni und seit anderthalb Jahren auf Wohnungssuche Stuttgart und Umgebung. Der Schnitt: Insgesamt sieben Besichtigungen, mindestens ein Dutzend Wohnungsanzeigen, Gesuche und Sätze auf dem Amt wie: „Kommen Sie lieber mit einem Dobermann.“ Momo will sich jedoch nicht beschweren, sondern einfach eine realistische Chance.
Stuttgart – „Mama, ich will auch ein Kinderzimmer.“ Eléni ist jetzt drei Jahre alt. Gemeinsam mit ihrer Tochter wohnt Momo momentan in einem 20 Quadratmeter Zimmer im Stuttgarter Süden. Ohne Heizung in Küche und Bad, mit alten Kachelöfen und zwei Mitbewohnern. „Anfangs hatte ich noch genügend Geldrücklagen, um die Wohnung allein zu zahlen.“ Irgendwann war das nicht mehr möglich. Eine Übergangssituation, die zum Dauerzustand geworden ist. Raum für Privatsphäre bleibt hier nur wenig: „In diesem einen Zimmer muss ich die Sachen von zwei Menschen unterbekommen und für ein extra Bett fehlt uns einfach der Platz.“
30 Bewerbungen pro Monat, keine Antworten
Seit anderthalb Jahren ist die gelernte Jugend- und Heimerzieherin aus dem Allgäu nun auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum für zwei Personen, ca. 800 Euro warm. Auch wenn die Stadtteile Süd, Mitte oder West optimal wären, damit Eléni in ihrer Kita bleiben kann, sucht Momo mittlerweile in ganz Stuttgart und würde für größeren Wohnraum auch einen längeren Arbeitsweg in Kauf nehmen.
„Pro Monat schreibe ich ungefähr 30 Bewerbungen, auf die ich in den meisten Fällen nicht einmal eine Absage erhalte.“ Sie hat schon so ziemlich alles versucht: Aushänge an schwarzen Brettern, Anträge bei Wohnungsgesellschaften, Wartelisten auf dem Amt, Wohnungstausch, Facebook-Aufrufe, mehrere Wohnungsanzeigen in der Zeitung, Ebay-Kleinanzeigen, Wg-Gesucht sowie sämtliche Immobilien-Plattformen. Nur sieben Mal wurde sie in den letzten 1,5 Jahren eingeladen: Entweder waren die Wohnungen viel zu klein (und dafür viel zu teuer), oder man entschied sich am Ende dann doch gegen die alleinerziehende Mutter.
„Selbst bei offenen Besichtigungen hat man uns nach Hause geschickt, bevor wir die Wohnung überhaupt betreten konnten. Es hieß dann immer: Nee Kinder wollen wir hier nicht.“ Eine Mitarbeiterin auf dem Arbeitsamt konterte darauf nur spöttisch: „Tja, mit einem Dobermann würden sie jetzt schneller eine Wohnung finden als mit Kind.“
„Ich möchte keine alleinerziehende Mutter im Haus!“
Foto: privat
Auch kurz vor Mietvertragsabschluss gab es für das Mutter-Tochter-Gespann schon spontane Absagen:
„Ich wollte die Wohnungen mit Freunden im Haus gegenüber tauschen. Eléni war bei der Besichtigung mit dem Vermieter dabei. Das lief auch gut und wir haben gemeinsam einen Termin für die Vertragsunterzeichnung ausgemacht.“ Am Tag davor kam dann der Anruf:
„Er sagte, er hätte sich noch einmal bei Freunden informiert, die sich auskennen und dass er keine alleinerziehende Mutter im Haus möchte. Außerdem hat er mich total ausgefragt: Warum ich alleinerziehend bin, was der Vater von Eléni macht, warum wir nicht mehr zusammen sind, wie ich mein Kind erziehe, wo sie ist während ich arbeite und so weiter.“
Was ich mir wünsche: Eine realistische Chance
Momo will sich nicht beschweren, immerhin meistert das Frauen-Duo den Alltag souverän: Sie hat zwei Jobs, einen unbefristeten Anstellungsvertrag in einem Café, für das sie Buchhaltung, Personalmanagement und mehr regelt, eine Stelle im Schweizer Generalkonsulat sowie Freunde und Familie, auf die sie zählen kann.
„Für viele Vermieter sind Alleinerziehende mit einem gewissen finanziellen Risiko verbunden. Dabei würde ich mir manchmal mehr Unterstützung erhoffen, gerade auch, wenn man sich bemüht, alles auf die Reihe zu bekommen und mit beiden Beinen im Leben steht.“ Sie denkt kurz nach und ergänzt: „Was ich mir wirklich wünsche, ist eine realistische Chance, auch bei der Wohnungssuche. Vor allem für meine Tochter.“
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