Die Stadt sucht händeringend nach Wegen, dass wieder mehr preisgebundener Wohnraum in Stuttgart entsteht.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Auf den ersten Blick ist der Wohnungsbericht für das vergangene Jahr ganz passabel: Die Zahl der Vormerkungen für eine Sozialwohnung lag bei 2834, also gut eineinhalb Prozent unter dem Wert des Vorjahres. Davon waren 1440 Dringlichkeitsfälle, immerhin die Hälfte aller Anträge, aber auch diese blieben unter der Zahl der Vorjahres, wenn auch nur minimal. Eine dritte Kennzahl freilich zeigt, dass der Rückgang der verfügbaren Sozialwohnungen ein Problem bleibt, das sich noch verschärfen wird: Die Wohnungsvergaben sind erneut gesunken, auf 948, minus 6,5 Prozent.

 

19 000 Belegungsrechte für Wohnungen

Noch hat die Stadt etwas mehr als 19 000 Belegungsrechte für Wohnungen, gut 13 000 davon sind mietpreisgebunden. Doch diese Zahl wird in den kommenden Jahren weiter rapide sinken. Nach den bisherigen Erfahrungen  fallen jährlich etwa 500 Wohnungen aus der Bindung, weil die Frist von 40 Jahren ausgelaufen ist. Circa 200 kommen zu diesen, weil die Träger die erhaltene Förderung, mit der die Belegungsrechte verbunden sind, vorzeitig zurückzahlen. Das macht zusammen ein Minus von etwa 700 Wohnungen im Jahr.

Um dieser Entwicklung, die auch in anderen Großstädten der Republik stattfindet, entgegenzuwirken, hat sich die Stadt das Ziel gesetzt, dass jedes Jahr wenigstens etwa 100 Sozialwohnungen als Kompensation wieder dazukommen sollen. Doch selbst diese niedrige Vorgabe wurde 2011 nicht erreicht: tatsächlich sind nur 85 neue Sozialwohnungen entstanden. Der Großteil von diesen steht auch nur deshalb zur Verfügung, weil die Gesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau Baden-Württemberg (GWG), die diese auf eigenen Grundstücken erstellt hat, sich dem sozialen Wohnungsbau verpflichtet fühlt.

Vor allem Wohnungen für Ein-Personen-Haushalte gesucht

Die durchschnittlichen Wartezeiten der vorgemerkten Wohnungssuchenden sind in einzelnen Gruppen noch immer sehr lang. So machen die Einpersonenhaushalte mit einem Anteil von 57 Prozent den größten Teil der Vormerkungen aus, ihre Wartezeiten sind entsprechend am längsten. Nach der städtischen Statistik bedeutet dies für Wohnungssuchende, die einen deutschen Pass oder den eines EU-Lands haben, dass sie sich im Schnitt 16 Monate gedulden müssen. Für Ausländer, die aus einem Land außerhalb Europas kommen, sind es 19 Monate. Für Haushalte mit zwei bis vier Personen und mehr liegt die Wartezeit zwischen vier und elf Monaten.

Auch bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SWSG ist die Zahl der Wohnungen, die einem Belegungsrecht unterliegen, 2011 erneut zurückgegangen, von 1220 auf 1070. Deshalb nimmt die Kommunalpolitik einen weiteren Anlauf, hier wieder für höhere Zahlen zu sorgen. Nach den Plänen der Verwaltung sollen Gesellschaften, die von ihnen genutzte Erbbaugrundstücke der Stadt erwerben und dort Wohnungen neu errichten – davon hat vor allem die SWSG Gebrauch gemacht –, verpflichtet werden, dabei mindestens 20 Prozent dem Sozialwohnungsbau vorzubehalten. Damit soll eine Regelung parallel zum Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM) geschaffen werden, das von Investoren einen 20-Prozent-Anteil mit Sozialwohnungen fordert, wenn die Stadt für ein Bauprojekt neues Planungsrecht schafft und so auf diesem Wege einen Teil des Planungsgewinns abschöpft. Nach dem Verkauf von Erbbaugrundstücken ist bei Neubauten aber kein neues Planungsrecht erforderlich. Dadurch hat die Stadt seit geraumer Zeit Belegungsrechte für insgesamt 412 Wohnungen verloren.

Die geplante Regelung ist auch zu sehen vor dem Hintergrund, dass in Stuttgart sonst im laufenden Jahr nur Grundstücke für 57 geförderte Mietwohnungen zur Verfügung stehen. Durch Projekte der SWSG auf Erbbaugrundstücken könnten dazu weitere 62 Wohnungen kommen.

Im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen am Freitag, 20. April, wird sich der Rat mit dem Wohnungsbericht 2011 befassen.