Arme Studenten! Der Wohnungsmarkt ist sehr angespannt, die Wohnheime sind voll. Hunderte Bewerber stehen auf der Warteliste. Das Studentenwerk Stuttgart kooperiert jetzt mit dem Haus- und Grundbesitzerverein.

Stuttgart - Unmöbliertes WG-Zimmer, 18 Quadratmeter, in Bernhausen, für schlappe 465 Euro warm: solche und andere 135 Angebote finden wohnungssuchende Studenten in der Online-Wohnungsbörse der Uni Hohenheim. Wer Glück hat, erhält vielleicht auch den Zuschlag für 15 Quadratmeter in einer WG in Birkach für 200 Euro. Von Entspannung auf dem Wohnungsmarkt könne keine Rede sein, sagt Michael Max vom Studentenwerk Tübingen-Hohenheim. „Die Bugwelle schwappt dieses Jahr genauso rein.“

 

Die 1050 Wohnheimplätze in Hohenheim seien voll belegt, mehr als 850 Bewerber seien noch auf der Warteliste. Viele junge Leute hätten bewusst ein soziales Jahr oder einen Auslandsaufenthalt eingeschoben, um dem Andrang durch den doppelten Abijahrgang 2012 zu umgehen. Seit Anfang September ist beim Studentenwerk Bewerbungsstopp. „Es bringt uns nichts, Bewerberzahlen zu scheffeln“, sagt Nicole Hoppe, die in Tübingen die Daten des Studentenwerks sichtet.

Studentenwerk kooperiert mit Haus- und Grundbesitzerverein

Auch das Studentenwerk Stuttgart mit mehr als 6300 Plätzen meldet volle Wohnheime, 1231 Bewerber stehen auf der Warteliste. Und es geht bei der Unterstützung wohnungssuchender Studenten einen neuen Weg: Erstmals kooperiert es mit dem Haus- und Grundbesitzerverein Stuttgart. Dessen 19 500 Mitglieder besitzen in Stuttgart 70 000 Wohnungen. „Hier ist sicherlich auch etwas speziell für Studierende dabei“, sagt der Vereinsvorsitzende Klaus Lang. Zu der Zusammenarbeit mit dem Studentenwerk sei es durch deren Inserate in Tageszeitungen gekommen, berichtet der Vereinsgeschäftsführer Ulrich Wecker. „Daraufhin haben wir das Studentenwerk einfach kontaktiert.“ Dessen Geschäftsführer Tobias M. Burchard sieht in dieser Kooperation „eine große Chance“.

Und nun versuchen Lang und Wecker, ihre Mitglieder von Haus & Grund zu motivieren, ungenutzte Räume, auch Mansardenzimmer und Einliegerwohnungen, an Studierende zu vermieten. Da diese nicht zur typischen Mieterklientel der Vereinsmitglieder gehörten, biete man ihnen eine spezielle Beratung an – etwa zu den Themen Kaution, Bürgschaft, Mietpreis und der Vermietung an WGs.

20 Quadratmeter für 460 Euro

Apropos Mietpreis: Ist es nicht viel lukrativer, eine Fünfzimmerwohnung an fünf Studenten zu vermieten statt an eine Einzelperson? Das sei nicht automatisch der Fall, meint Wecker. Denn die Wohnung werde ja von Studenten auch ganz anders genutzt. Damit verbunden sei ein höherer Aufwand für Renovierung, aber auch für die Verwaltung, sagt Wecker und verweist auf die systembedingt höhere Fluktuation. Er räumt aber ein, dass er von einer Fünfer-WG an der Neuen Weinsteige gehört habe, bei dem ein Student für sein 20-Quadratmeter-Zimmerle 460 Euro berappen müsse. Aber derlei Angebote seien „nicht Grundlage unserer Geschäftsidee“.

Vorbehalten der Eigentümer gegen allzu umtriebige junge Mieter begegnet Wecker mit dem Argument, Studenten seien zielstrebiger geworden: „Das Studium ist verschulter, das wirkt sich auch auf den Studentenalltag aus. Die wollen ihr Studium durchziehen, die sehen es nicht mehr unbedingt als Teil der Selbstverwirklichung.“ Laut Studentenwerk Stuttgart sind „schon viele Angebote“ von Haus und Grund eingegangen. Diese würden dann im Foyer des Studentenwerks in der Rosenbergstraße 18 ausgehängt. Eine Online-Wohnungsbörse sei erst für das Sommersemester 2014 geplant.

In Hohenheim läuft bei der Zimmervermietung alles online

Die Uni Hohenheim bietet privaten Vermietern über ihre Wohnungsbörse hingegen längst direkt die Möglichkeit, ihre Angebote einzustellen. „Das läuft alles online ab, die Studierenden melden sich direkt bei den Vermietern“, berichtet Günter Wörl von der Asta-Geschäftsstelle. „Papierwand und Ordner gibt es nicht mehr.“ Das Asta-Büro biete aber Vermietern, die keinen Internetanschluss haben, den Service, für diese die Angebote online einzustellen. „Die Wohnungsbörse“, sagt Wörl, „spiegelt den Markt wider: gute Angebote sind sofort weg.“

Auch in diesem Jahr wird auf dem Hohenheimer Campus wieder eine Notunterkunft eingerichtet. „Wir werden den Gymnastikraum des Unisports in der ehemaligen Bauernschule an der Egelhaafstraße bekommen“, sagt Michael Max. Zwei Räume mit insgesamt 15 Feldbetten, Duschen sowie der Mitnutzung der Stockwerksküche der dortigen WG. In den vergangenen Jahren sei diese Möglichkeit jedoch nur von einem Studenten genutzt worden.

40 Prozent der Plätze für Studenten aus dem Ausland reserviert

Max bedauert, dass seit 2010 kein einziger zusätzlicher Wohnheimplatz dazugekommen sei. Es sei schwierig, Grundstücke zu finden. Im Unterschied zu früher dürfe das Studentenwerk für die Vergabe der Plätze keine sozialen Kriterien mehr abfragen, aus Datenschutzgründen. Vorrang hätten nur Menschen mit Behinderung sowie Bewerber, die weiter als 80 Kilometer entfernt wohnten. 40 Prozent der Plätze seien für Studenten reserviert, die aus dem Ausland kommen. „Wir versuchen, die internationalen Studierenden gleichmäßig zu verteilen und auch ihre Religionen zu berücksichtigen.“ Wohnheiminteressenten, die jetzt nicht zum Zug gekommen seien, empfiehlt Max, sich zum Sommersemester erneut auf einen Platz zu bewerben: „Die Chance reinzukommen ist groß.“

Das Studentenwerk Stuttgart lehnt eine Quote für Ausländer in den Wohnheimen ab und richtet – mangels Nachfrage – auch keine Notunterkunft mehr ein. In den kommenden Wochen solle aber das neue Studentenwohnheim in der Heilmannstraße mit 200 Plätzen bezugsfertig sein.