Die Hochschulen in Ludwigsburg verzeichnen immer mehr Studierende, aber ein Großteil davon pendelt, weil die Mieten in der City so hoch sind. Das Rathaus will das ändern – und setzt dabei auch auf einen Bewusstseinswandel bei Wohnungseigentümern.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Es sind Zahlen, über die sich die Stadt freut – einerseits. Rund 8500 Menschen studieren in Ludwigsburg, so viele wie nie zuvor. Allein die Pädagogische Hochschule (PH) vermeldete 282 Anmeldungen zum Sommersemester, womit dort nun 5223 Studenten eingeschrieben sind – Rekord. Für die 68 neuen Studienplätze an der Evangelischen Hochschule (EH) sind fast 500 Bewerbungen eingegangen, die Nachfrage nach Plätzen an den anderen Hochschulen ist ebenfalls hoch. „Ich gehe davon aus, dass wir im Wintersemester die Marke von 9000 Studierenden knacken“, sagt der Ludwigsburger Bildungsbürgermeister Konrad Seigfried. Das alles zeigt, dass Ludwigsburg als Hochschulstandort zunehmend an Bedeutung gewinnt.

 

Andererseits sind damit enorme Probleme verbunden, nicht nur für die Stadt, sondern auch für die Studenten. Denn Ludwigsburg ist teuer, Wohnraum ist knapp. Auch das ist ein Grund, warum sich der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der PH derzeit mit aller Macht gegen den Verkauf des Adolf-Reichwein-Hauses stemmt (wir berichteten), warum also einem einzelnen Wohnheim solch eine Bedeutung zukommt. Die Bewohner befürchten, dass nach dem Verkauf die Preise drastisch steigen. Insgesamt gibt es in Ludwigsburg 1500 Wohnheim-Plätze – zu wenige, um die stetig steigende Nachfrage der Studenten von PH, Evangelischer Hochschule, der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen, der Film- und Theaterakademie zu bedienen. „Auf dem freien Markt findet man ja kaum bezahlbare Wohnungen“, sagt Charlotte von Au vom Asta der PH.

Die meisten Studenten pendeln zu ihrer Hochschule

Die Folgen sind ebenfalls anhand von Zahlen ablesbar. Nach Angaben des Rathauses haben lediglich 14 Prozent der Studenten Ludwigsburg als ihren Hauptwohnsitz gemeldet, immerhin 22 Prozent als Zweitwohnsitz, der große Rest wohnt außerhalb. „Ich kenne viele, die auch recht weite Strecken auf sich nehmen, weil sie in Ludwigsburg einfach nichts gefunden haben“, erzählt Charlotte von Au.

Der Stadt geht wegen der hohen Einpendlerquote viel Geld verloren, weil das Land für jeden Erstwohnsitzler eine Zuweisung in Höhe von rund 900 Euro zahlt. Es geht aber auch um etwas anderes. „Studenten sind eine Belebung für unsere Stadt“, sagt der Baubürgermeister Hans Schmid. „Wir wollen die jungen Leute, dieses dynamische Leben hier haben.“ Auch aus diesem Grund startete Ludwigsburg die Kampagne Heimvorteil. Wie an anderen Hochschulstandorten längst üblich, erhalten Studenten dabei, wenn sie in Ludwigsburg den Erstwohnsitz anmelden, Ermäßigungen bei kulturellen Veranstaltungen, beim Besuch von Schlössern oder Museen oder beim Einkaufen.

„Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber wir müssen abwarten, ob es greift“, sagt Martin Fix, der Rektor der Pädagogischen Hochschule, die auch daran interessiert ist, dass die Studenten möglichst im Umfeld des Campus wohnen. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sie sich dann aktiver an der Gestaltung des Schullebens beteiligen und mehr einbringen“, sagt Fix. Auch wenn es angesichts der hohen Mieten verständlich sei, dass manch ein Student lieber länger bei den Eltern wohnt und pendelt.

Wohngemeinschaften sind noch immer eine Seltenheit

Dieses Phänomen beschränkt sich nicht auf Ludwigsburg, wie auch der Anstieg der Studentenzahlen keine örtliche Besonderheit ist. Die Nachfrage nach Studienplätzen nimmt in ganz Deutschland zu. Allerdings sind in den Städten rund um das Ballungszentrum Stuttgart die Mietpreise besonders hoch. Weshalb Esslingen und die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Soziales mit ähnlichen Schwierigkeiten kämpfen. Vor zwei Jahren studierten dort 5300 Menschen, aktuell sind es 6200. „Natürlich ist es unser Ziel, diese dauerhaft an unsere Stadt zu binden“, sagt der Rathaussprecher Roland Karpentier. Die Einpendlerquote liege aktuell bei 80 Prozent. Um dies zu ändern, müsse man die Studenten von den Stärken der Stadt überzeugen, auch vom Freizeit- und Kulturangebot. Und mehr Wohnraum schaffen, um die „exorbitant hohe Nachfrage zu befriedigen“.

All das lässt sich auf Ludwigsburg übertragen. Bei der hiesigen Wohnungsbau-Gesellschaft gibt es daher Überlegungen, zusätzliche Wohnungen für Studenten zu schaffen. „Wir sind konzeptionell noch nicht so weit, aber uns sind die Probleme der Studenten bewusst“, sagt Konrad Seigfried. Bislang hätten sich private Wohnungseigentümer zu wenig auf diesen Markt eingestellt. Schließlich gebe es auch andere Möglichkeiten, Studenten günstig unterzubringen, etwa in Wohngemeinschaften – was für Vermieter eine auch finanziell interessante Variante sein könne. Die allerdings in Ludwigsburg zu selten in Betracht gezogen werde. „Vielleicht versteht sich Ludwigsburg insgesamt noch zu wenig als Studentenstadt. Da muss ein Wandel stattfinden.“