Eine Frau aus Schorndorf mit Tochter hat die Hoffnung auf eine bezahlbare Wohnung fast aufgegeben. Sie kassiert von den Vermietern nur Absagen. Die Unterstützung der Erlacher Höhe hat sie ihrem Ziel noch nicht näher gebracht.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Schorndorf - Ungelernt, Teilzeitjob, eine 15-jährige Tochter. Die Frau aus Schorndorf, die für diese Geschichte ungenannt bleiben möchte, sucht verzweifelt nach einer neuen Bleibe. Seit vielen Jahren schon. Was hat sie nicht alles unternommen! Zeitungsannoncen geschrieben und beantwortet, Plakate aufgehängt, Tipps von Bekannten eingeholt. Doch wenn sie den Vermietern ihre Vita im Schnelldurchgang erzählt – sollte sie überhaupt mal dazu kommen –, dann winken die Immobilienbesitzer schnell ab. Die Frau kassiert eine Absage nach der anderen. Sie ist frustriert.

 

Die Wohnung, in der sie und ihre Tochter im Teenageralter seit 15 Jahren leben, sei eine Zumutung, sagt sie. Die Warmmiete für die Unterkunft, die man wohl als Bruchbude bezeichnen darf, koste 810 Euro. Die Zimmer seien nicht isoliert, der Warmwasserboiler sei defekt und verbrauche deshalb viel zu viel Strom. Der Vermieter wolle sie loshaben, weil sie sich mit Hilfe eines Anwalts wehre. Sie würde ja gerne umziehen, lieber heute als morgen – aber wohin? Der Wohnungsmarkt ist leer gefegt.

Die Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt ist groß

Die 37-jährige gebürtige Libanesin – sie lebt seit 35 Jahren in Deutschland – wird von dem Sozialpädagogen Michael Belz von der Erlacher Höhe im Rahmen des Projekts Ambulant Betreutes Wohnen begleitet. Der Fachmann sagt, „für unsere Personen“ – also für Männer und Frauen mit psychischen Problemen und/oder Schulden – sei es ganz besonders schwer eine Wohnung zu finden. Denn diese Leute „konkurrieren mit der Mittelschicht, etwa mit Krankenschwestern“. Sobald ein Vermieter höre, dass ein Wohnungsinteressent Geld vom Jobcenter bekommt, so wie die 37-jährige Schorndorferin, dann sei die Sache meistens ganz schnell gelaufen, und jemand anderes komme zum Zug. Dabei, sagt Belz, sei eine Miete, die direkt vom Jobcenter bezahlt werde, eine sichere, weil verlässlich sprudelnde Einnahmequelle. Dennoch hätten viele Vermieter Bedenken.

Die Frau arbeitet zurzeit im Rahmen eines Projekts nur ein paar Stunden täglich als Verkäuferin im Strandgut, einem Geschäft der Erlacher Höhe, in dem laut Werbeslogan „Möbel und mehr“ verkauft werden. Wenn alles nach Plan läuft, sagt Belz, dann wechsle sie im neuen Jahr aber auf eine Vollzeitstelle. Dann, so die Hoffnung, blitze sie vielleicht nicht mehr so schnell ab bei ihren Bewerbungen für Wohnungen. Denn viele Vermieter wollten von ihren Mietern den Arbeitsvertrag sehen. Die Verkäuferin wird aber auch künftig in einem Fulltime-Job kaum mehr als den Mindestlohn verdienen.

Mehr Menschen in der Wohnungslosenhilfe als 2017

Die 37-Jährige sei kein Einzelfall, sagt Belz. Allein die Erlacher Höhe betreue viele Männer und Frauen, die auf Wohnungssuche seien. Andrea Beckmann ist bei dem diakonischen Träger für die Pressearbeit zuständig und sagt, in der Wohnungslosenhilfe seien 2018 erneut mehr Menschen gezählt worden als im Vorjahr, am Stichtag Ende September allein in den Einrichtungen der Erlacher Höhe 961 Männer und Frauen. 2017 hieß es seitens der Erlacher Höhe, es gebe so viele wohnungslose Menschen wie nie zuvor. Die Erlacher Höhe versucht nun, Wohnungen anzumieten und dann weiter an ihre Klienten zu vermieten. Laut Belz wird auch geprüft, ob die Einrichtung selbst Wohnungen bauen könnte.

Das sogenannte Aufnahmehaus in Backnang, in dem Menschen ohne Bleibe vorübergehend unterkommen können, sei jedenfalls komplett belegt. Das System, sagt der Sozialpädagoge mit ernster Miene, „ist verstopft“. Pech für Leute wie die 37-jährige Mutter aus Schorndorf.