Baden-Württemberg will den Bau von Mitarbeiterwohnungen fördern und ist dabei bundesweit Vorreiter. Das Ziel der Landesregierung: Zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Stuttgart - Weil hohe Mieten die Gewinnung von Arbeitskräften für die baden-württembergischen Unternehmen in vielen Städten und Großstädten des Landes erschwert, schafft die Landesregierung neue Fördermöglichkeiten speziell für den Bau von Werks- und Mitarbeiterwohnungen. „Angemessener Wohnraum ist ein wichtiger Standortfaktor für unsere Wirtschaft, vor allem, wenn es darum geht, Arbeitskräfte zu gewinnen oder zu sichern“, sagt Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU).

 

Damit spricht das Land eine Einladung an Unternehmen aus, selber in den Wohnungsbau einzusteigen, um aktuellen oder künftigen Mitarbeitern günstigen Wohnraum zur Miete zur Verfügung zu stellen. Firmen, die solche Werkswohnungen bauen und ihren Mitarbeitern anbieten wollen, sollen wahlweise zinsverbilligte Darlehen oder Zuschüsse von maximal einem Drittel des Subventionswertes erhalten. Der neue Fördertopf gilt für ganz Baden-Württemberg und ist nicht auf Regionen mit besonders hohem Mietniveau beschränkt.

Die Förderhöhe hängt laut Ministerium davon ab, ob die Unternehmen sich für zehn, fünfzehn, 25 oder dreißig Jahre verbindlich verpflichten, diesen Wohnraum Mitarbeitern mit einem Jahreseinkommen von bis zu 69 000 Euro (bei einem Vier-Personen-Haushalt) zur Verfügung zu stellen. Dabei gelten die gleichen Einkommensgrenzen wie beim sozialen Wohnungsbau allgemein. Die Mieter benötigen auch einen Wohnberechtigungsschein.

Trotz Zuschuss gilt: Reserviert für Mitarbeiter

Nach Auskunft des Wirtschaftsministeriums sollen auch mehrere Unternehmen sich zu solchen Projekten zusammentun können. Die finanzielle Förderung ist den Angaben zufolge bei den Mitarbeiterwohnungen etwas niedriger angesetzt als im Sozialwohnungsbau insgesamt. Im Gegenzug wird den Firmen aber ermöglicht, die Immobilien ausschließlich für ihre Beschäftigten zu reservieren. Dagegen ist die Bevorzugung bestimmter Personengruppen im sozialen Wohnungsbau normalerweise nicht zulässig ist.

Ministerin Hoffmeister-Kraut begründet das Programm mit Rückmeldungen aus dem Unternehmerlager im Südwesten. „Das Thema Wohnraum wird bei der Gewinnung von Fachkräften immer wichtiger“, betont sie gegenüber unserer Zeitung. Vor allem Beschäftigte mit unterem oder mittleren Einkommen bekämen den angespannten Wohnungsmarkt immer deutlicher zu spüren. „Das war uns Anlass, neue Wege zu gehen und die neue Förderlinie Mitarbeiterwohnen ins Leben zu rufen – übrigens als erstes Bundesland.“

Zustimmung im Landtag steht noch aus

Die gesetzlichen Grundlagen werden derzeit geschaffen. Während das neue Wohnungsbauförderprogramm für 2020/2021 Anfang April in Kraft tritt, muss der Landtag, der bereits einmal darüber beraten hat, das neue Landeswohnraumförderungsgesetz noch beschließen. Ursprünglich sollte das Parlament das Thema vor der Sommerpause bearbeiten. Weil wegen der Corona-Beschränkungen Plenardebatten im Landtag ausfallen, ist derzeit aber offen, ob der Zeitplan eingehalten werden kann. „Wegen des Drucks der aktuellen Themen haben wir uns mit dieser Sache nicht beschäftigt“, erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach der Kabinettssitzung in dieser Woche.

Ein bundesweites Bündnis von Mieter- und Bauverbänden sowie Gewerkschaften wirbt seit einigen Monaten verstärkt, den Problemen auf dem Wohnungsmarkt verstärkt auch mit dem Bau neuer Werkswohnungen zu begegnen.

Immerhin müssten bundesweit jährlich rund 400000 Wohnungen neu gebaut werden – davon die Hälfte Mietwohnungen – um den Bedarf zu decken. Im Südwesten sollten laut einer Studie der Prognos AG bis 2022 deutlich mehr als 300000 neue Wohnungen gebaut werden.