Wo soll in Stuttgart künftig gebaut werden? Auf der grünen Wiese oder allein auf bereits versiegelten Flächen. Darüber streiten derzeit Experten und Stadtverwaltung.

Stuttgart - Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) ist von den Experten im Städtebauausschuss in die Defensive gedrängt worden. Die Stadt sei passiv, ihr Vorgehen nicht nachvollziehbar, die Wohnungspolitik fragwürdig, so die Aussagen einzelner Mitglieder des Gremiums. Zudem hat der Leitende Technische Direktor des Regionalverbands (VRS), Thomas Kiwitt, die regionale Perspektiven in Sachen Wohnungsbau erklärt.

 

„Andere Kommunen sind in der Wohnungspolitik deutlich aktiver“, sagte der Architekt Tankred Eckert. „Ich kann nicht verstehen, weshalb es ein solches Tabuthema ist, in Stuttgart über Wohngebiete im Außenbereich überhaupt nur zu sprechen.“ Weder die Verwaltung noch die Mitglieder des Gemeinderats machten dabei eine Ausnahme, so das Mitglied des Städtebauausschusses weiter. „Mir erscheint dieses Verhalten äußerst fragwürdig“, so Eckert. Die extrem steigenden Immobilienpreise und Mieten führten bereits dazu, dass sich nicht mehr nur Geringverdiener, sondern bereits Besser- und Normalverdiener wie Lehrer im Umland nach einer Wohnung umsehen müssen, bemängelte Eckert.

Pätzold weist Kritik zurück

Bürgermeister Pätzold verteidigte das eigene Vorgehen: „Auf die freie Fläche zu gehen, ist keine Lösung“, sagte er. Neue Baugebiete zu entwickeln, dauere zu lange, um aktuelle Probleme wie etwa die Wohnraumversorgung von Flüchtlingen lösen zu können, so Pätzold weiter. Zudem erklärte der Baubürgermeister: „Den Vorwurf der Passivität weise ich entschieden zurück.“ Außerdem führte die Verwaltung an, dass man durch Subventionen bei der Vergabe eigener Grundstücke dämpfend auf die Preisentwicklung einwirke.

Der Vortrag von Verbandsdirektor Thomas Kiwitt gab ebenfalls wenig Anlass, auf sinkende Immobilienpreise in der Region hoffen zu dürfen. „Wenn man die Zuwanderung in die Region betrachtet, rechnen wir mit rund 130 000 zusätzlichen Einwohnern in den kommenden 15 Jahren“, so Kiwitt. In dieser Prognose sei der Zustrom der Flüchtlinge allerdings noch nicht einkalkuliert. Da der Großteil der Menschen, die in die Region kommen, kein Startkapital mitbringe, sei die Förderung von Wohneigentum mit Blick auf die aktuellen Bedürfnisse nicht zielführend, erklärte Kiwitt. „Sozialer Wohnungsbau hingegen gilt in vielen Kommunen als etwas völlig Außergewöhnliches.“

Mit Blick auf die Diskussion um neue Baugebiete sagte Kiwitt: „Die Innenentwicklung hat Vorrang. Doch der Schutz von Freiflächen ist kein Grundsatz, der über allem anderen steht – auch nicht über der Bereitstellung von Wohnraum.“