Die neueste Fortsetzung von Wolfenstein ist auf dem Markt und wagt sich an eine wichtige Neuerung. Funktioniert der neue Koop-Modus? Wir haben Wolfenstein Youngblood angespielt.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Stuttgart - Die Wolfenstein-Reihe zählt zu den Urvätern der Video-Spielgeschichte. Wolfenstein 3D ist 1992 erschienen und hat das Genre des Ego-Shooters mitbegründet. Über die Jahre erfuhr die Reihe mehrere Fortsetzungen, vor allem 2014 mit Wolfenstein: The New Order. Die bizarr-blutig-unterhaltsame Version einer alternativen Welt, in der die Nazis den Weltkrieg gewonnen haben und sich der Widerstand hinter dem amerikanischen Helden B. J. Blazkowicz versammelt, war so erfolgreich, dass 2015 und 2017 Fortsetzungen und Spinoffs erschienen.

 

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Nun ist der nächste Ableger auf dem Markt. Wolfenstein Youngblood setzt auf neue Heldinnen, ein abstruses Setting in den 1980er Jahren und – vor allem – auf einen Koop-Modus. Funktioniert der Wechsel vom reinen Ego-Shooter hin zum Koop-Abenteuer? Ist das Setting im Paris 1980 überzeugend? Sind Panzerhunde immer noch so nervig wie früher? Wir haben Wolfenstein Youngblood angespielt.

Spielinhalt

Die Handlung von Wolfenstein Youngblood setzt 19 Jahre nach den Ereignissen von Wolfenstein II: The New Colossus ein. B. J. Blazkowicz ist während einer Mission im vom Nazi-Regime besetzten Paris verschwunden. Seine Zwillingstöchter Jess und Soph fliegen mit einer Freundin nach Paris, verbünden sich mit einer Gruppe Widerständler und kämpfen sich wolfensteinmäßig brachial durch die alternative Realität des Paris der 1980er Jahre.

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Letzteres ist übrigens erstmals in Deutschland mit Nazi-Symbolen wie dem Hakenkreuz ausgestattet, wenn der Spieler es wünscht. Nachdem sich die deutsche Rechtsprechung zu Nazi-Symbolen in Videospielen geändert hat, bietet Bethesda nun neben der entschärften deutschen Version auch die internationale Ausgabe mit Nazi-Symbolen zum Kauf an. Am Spielerlebnis ändert das aber nicht viel.

Hier geht es zum Trailer von Wolfenstein Youngblood:

Stärken

Das Wichtigste macht das neue Wolfenstein richtig: Sich mit einer Palette unterschiedlicher Waffen, die auch noch aufgerüstet werden können, durch das Nazi-Paris von 1980 zu ballern, ist – mit einigen Abstrichen – eine Mordsgaudi. Die französische Hauptstadt wird mit großer atmosphärischer Dichte dargestellt, der Spieler kämpft sich durch breite Prachtboulevards, bohemienhafte Pariser Wohnungen, diverse Anlagen der Nazis, verwinkelte Hinterhöfe und viele andere Umgebungen mehr.

Besonders intensiv sind die Kämpfe im Untergrund, wo enge Katakomben phasenweise nur von einer Taschenlampe erhellt sind und um jeden Meter erbittert gerungen wird. Die Kampfareale sind eine angenehme Mischung aus weiten Flächen und engen Labyrinthen – ein sehr gelungenes Leveldesign. Hinreißend sind die traditionell zahlreichen satirischen Anspielungen auf die pervertierte Realwelt: Das reicht vom „Tetris“, das hier „Ziegelspiel“ heißt bis zu „germanisierten“ Songs der 80er, die sich per Audio-Kassetten sammeln lassen. Besonders nett: An einem Arcade-Automaten kann der Spieler das Ur-Wolfenstein zocken. Das waren noch Zeiten!

Spaß machen auch die Blazkowicz-Töchter Jess und Soph, die als forsche, bis an die Zähne bewaffnete Teenies mit pubertären Sprüchen um sich werfen und gleichzeitig Nazi-Schergen meucheln – wie es sich für die Tradition actiongeladener B-Movies der 1980er Jahre gehört. Der Koop-Modus bietet einen echten Mehrwert, wenn menschliche Spieler sich die Arbeit teilen. Wer alleine spielt, hat eine KI-gesteuerte Schwester an der Seite, die ihren Job ordentlich erledigt. Manchmal erscheint es allerdings sinnvoll, sie ein bisschen im Auge zu behalten und sich nach ihr zu richten. Die Gegner in Wolfenstein Youngblood – zumal Maschinensoldaten, Panzerhunde, turmhohe Zitadellen und Boss-Gegner – erweisen sich mitunter als ausgesprochen zäh.

Schwächen

Die Macher von Wolfenstein Youngblood haben beim Spieldesign mehrere grundsätzliche Entscheidungen getroffen, die einen hohen Nerv-Faktor besitzen. Erstens erscheinen in einmal „gesäuberten“ Arealen neue Gegner, wenn der Spieler dorthin zurückkehrt. Und sie sind zäher als zuvor, wenn man selbst stärker geworden ist. Weil das Missionsdesign den Spieler immer wieder durch bereits durchgespielte Areale schickt, wird spätestens die dritte oder vierte Tour durch Klein-Berlin zur Tortur.

Das hat auch damit zu tun, dass zweitens die großen, schweren Gegner sich als regelrechte „Kugelschwämme“ erweisen. Magazinweise pumpt der Spieler die digitale Munition in Panzerhund & Co., ohne größere Auswirkungen festzustellen. Da wird fröhliches Zocken zur harten Arbeit!

Drittens kann der Spieler keine eigenen Speicherstände anlegen. Das übernimmt Wolfenstein Youngblood und leider nicht immer da, wo es sinnvoll erscheint. Da ist der Frust programmiert, vor allem dann, wenn man sich eine Stunde lang bis zu einem Endgegner vorgearbeitet hat, dann durch einen Bug die KI-gesteuerte Killerschwester am Aufzug festhängt und nur noch der Level neu geladen werden kann – was einen zurück auf den Anfang setzt.

Fazit

Wolfenstein Youngblood ist ein seichter, spaßiger Ableger der Reihe, der durch einige Schnitzer im Spieldesign dazu neigt, an den Nerven des Spielers zu zerren. Sein Potenzial entfaltet er, wenn zwei menschliche Spieler im Nazi-Paris gegen die Schergen des Regimes antreten und dabei nicht unbedingt Missionsziele im Auge haben, sondern heiteres Nazi-Klatschen.

Wolfenstein Youngblood ist auf allen gängigen Konsolen sowie PC erschienen und kostet je nach Ausführung um die 40 Euro.

Grafik 3,5 von 5 Punkten

Spielspaß 3 von 5 Punkten

Atmosphäre 4 von 5 Sternen