Wolfgang Bosbach hält den Rauswurf des Generalbundesanwalts nicht für zwingend. Er hat auch andere kritische Fragen an Justizminister Heiko Maas.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Die Affäre um den angeblichen Verrat von Staatsgeheimnissen ist längst nicht beendet. Auch in der Koalition gibt es noch viele Fragen.

 

Unser Chef des Berlin-Büros, Armin Käfer, hat mit Wolfgang Bosbach (CDU) zu dem Thema gesprochen.

Herr Bosbach, war der Rauswurf des Generalbundesanwalts Range zwingend?
Zwingend nicht, aber die Entscheidung war zu erwarten, nachdem der Generalbundesanwalt gegenüber dem Justizminister öffentlich auf Konfrontationskurs gegangen war. Ob die von ihm erhobenen Vorwürfe in der Sache gerechtfertigt sind, kann ich allerdings nicht beurteilen. Die Version von Herrn Range ist eine ganz andere als die des Justizministers. Beide Versionen können aber nicht gleichzeitig richtig sein. Mit anderen Worten: Einer von beiden sagt leider nicht die Wahrheit.
Wie unabhängig ist die Justiz?
Der Generalbundesanwalt ist – wie andere Staatsanwälte auch – einerseits Teil der unabhängigen Justiz, allerdings haben Staatsanwälte nicht die gleiche Unabhängigkeit wie Richter. Sie sind auch Teil der Exekutive und daher ist es zwar selten, aber keineswegs völlig außergewöhnlich, dass in einem Ermittlungsverfahren Weisungen erteilt werden.
Wie gut hat Justizminister Maas die Gratwanderung bewältigt zwischen Respekt vor der Unabhängigkeit der Justiz und seiner politischen Verantwortung für ein Verfahren, das die Pressefreiheit beeinträchtigt?
Eine gute Frage, die man wohl erst dann beantworten kann, wenn der gesamte Sachverhalt aufgeklärt ist. Herr Maas hat wohl schon seit geraumer Zeit Kenntnis von dem laufenden Ermittlungsverfahren. Da stellt sich zunächst die Frage, warum Herr Maas zu diesem Zeitpunkt in das Ermittlungsverfahren eingegriffen hat. Hat er aus rechtlichen Gründen interveniert oder wegen der öffentlichen Empörung über das Ermittlungsverfahren, die ja erst einige Zeit nach Einleitung des Verfahrens eingesetzt hat?
Wie kann es sein, dass seit Wochen der Vorwurf des Landesverrats im Raum steht, aber sowohl das Innenministerium als auch das Kanzleramt erst jetzt davon erfahren haben wollen?
Verständlicherweise wird auch die Frage gestellt, wer in der Bundesregierung zu welchem Zeitpunkt Kenntnis vom Stand dieses Verfahrens hatte. Offensichtlich war der Generalbundesanwalt selber nicht überzeugt, dass hier der Vorwurf des Landesverrates ohne weiteres zu bejahen ist. Ansonsten hätte er wohl kaum einem externen Gutachter den Auftrag erteilt, die Frage zu beantworten, ob der Vorwurf des Landesverrates bei den hier in Rede stehenden Veröffentlichungen tatsächlich eine überzeugende Grundlage hat. Vor diesem Hintergrund ist es für mich unverständlich, warum man nicht das Ergebnis des Gutachtens abgewartet hat. Fraglich ist aber auch, ob die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des Landesverrats überhaupt erfüllt sind. Hier habe nicht nur ich erhebliche Zweifel.