Der Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble wirbt in Schorndorf vor 500 Schülern für die Demokratie und beantwortet die Fragen der Jugendlichen. Diese möchten unter anderem wissen, was Wolfgang Schäuble von Greta Thunberg hält.

Schorndorf - Wolfgang Schäuble gehört dem deutschen Bundestag seit 47 Jahren an. So alt wie er sind vermutlich nicht einmal die Eltern der 500 Schüler, die dem CDU-Politiker auf Einladung der örtlichen Seniorenunion am Montagvormittag begegnen und ihm Fragen stellen können. Als „Legende unserer Demokratie“ von Landrat Richard Sigel angekündigt, zeigt sich der 77-jährige Bundestagspräsident trotz diesem Status und dem Altersunterschied zwischen ihm und seinem Publikum ohne jeglichen Dünkel.

 

Schäuble beantwortet alle Schülerfragen gewissenhaft und ausführlich – egal ob es um die Legalisierung von Cannabis geht, ein Maximal-Wahlalter oder darum, wie er sich als Finanzminister nach schweren Entscheidungen gefühlt hat.

Gegen eine Legalisierung von Cannabis

Bei ersterem würde er dagegen stimmen, „weil die beste Prävention darin besteht, schon den Konsum der einfachen Drogen zu verbieten.“ Eine schematische Begrenzung des Wahlalters auf 80 oder 90 Jahre hält Schäuble hingegen für falsch, allerdings müsse man überlegen, wie es mit dem Wahlrecht von Menschen aussehe, die etwa an Alzheimer erkrankt seien. Und in Bezug auf seine Gefühlslage bekennt Schäuble, dass er ganz froh war, schwere Entscheidungen nur mit einer Mehrheit im Parlament treffen zu können: „Ich möchte nicht Präsident der USA sein und die schwere Verantwortung dafür haben, ob Soldaten in den Krieg ziehen“, sagt er.

Schäuble findet, dass Greta Thunberg Mut macht

Was die Schüler noch bewegt? Das Thema Klima in all seinen Facetten. Fragen kommen zur E-Mobilität, zu kostenlosen Bus- und Bahntickets und zu Greta Thunberg. Was er von ihr halte, möchte eine Schülerin wissen. „Gut, dass es sie gibt“, sagt Schäuble. Sie habe viel dazu beigetragen, dass das Thema so wichtig geworden sei, und „vielleicht gibt es inzwischen in der Bevölkerung sogar eine Mehrheit für höhere Benzinpreise“, sagt Schäuble mit einem Lächeln.

Darüber hinaus ist Greta Thunberg für ihn jemand, der Mut macht: „Das ist das Schöne an der Demokratie: Wir müssen nicht resignieren, wir können immer etwas ändern.“ Dazu sei aber notwendig, sich zu engagieren, sich einzubringen – und beispielsweise wählen zu gehen. Ein Ja zum Brexit hätte es seiner Ansicht nach nicht gegeben, wenn mehr junge Menschen zur Abstimmung gegangen wären. „Ohne Demokraten gibt es keine Demokratie“, sagt Schäuble.

Gefährlicher Ruf nach einem starken Mann, einer starken Frau

„Manche, vor allem auch junge Menschen fragen, ob ein schwerfälliges System in der Lage ist, die Probleme zu lösen.“ Tatsächlich ließen sich die Vorzüge von Demokratie und Parlamentarismus manchmal schwer begreifbar machen – etwa angesichts von Endlosprojekten wie dem Berliner Flughafen. Trotzdem wolle er nicht in China leben, wo so ein Flughafen in kürzester Zeit gebaut werde. „Ich möchte nicht so leben, unter totaler Überwachung.“ Auch hierzulande gebe es den Ruf nach einem starken Mann oder einer starken Frau, „damit es zack-zack geht.“ Aber dann gehe ganz schnell die Freiheit vor die Hunde und dann sei schließlich der Frieden stark gefährdet.

Appell von Schäuble: Würde jedes Menschen achten

Deswegen also lieber eine Demokratie, bei der mühsam abgewogen werden müsse, um möglichst vielen Menschen gerecht zu werden. Auf diese Art und Weise sei das viel kritisierte Klimapaket zustande gekommen: Es sei darum gegangen, eine Regelung zu finden, die von einer Mehrheit akzeptiert werden könne. „Wenn wir etwa die Wirtschaft in einen Gegensatz zur Umwelt bringen, dann wird das nichts werden“, sagt Wolfgang Schäuble.

Und was liegt dem erfahrenen Politiker noch am Herzen? „Bei allem, was ihr diskutiert: Geht behutsam mit dem Leben der Menschen um, nehmt Rücksicht aufeinander“, appelliert er. Jeder Mensch, jedes Lebewesen habe seine eigene Würde. Das sei auch die eigentliche Lehre aus Hitlers Schreckensregime.