In seiner politischen Laufbahn erlebte Wolfgang Schäuble viele Höhen und Tiefen – seit einem Attentat im Oktober 1990 saß der Politiker im Rollstuhl. Seiner Karriere tat das keinerlei Abbruch.
Der baden-württembergische CDU-Politiker Wolfgang Schäuble ist am Dienstagabend verstorben, wie seine Familie am Mittwoch mitteilte. Schäuble starb nach langer schwerer Krankheit. In seiner politischen Laufbahn erlebte er viele Höhen und Tiefen – seit einem Attentat auf ihn saß der Politiker im Rollstuhl.
Warum saß Wolfgang Schäuble im Rollstuhl?
Der CDU-Politiker hatte am 12. Oktober 1990 eben eine Wahlkampfrede beendet. Kurz nach 22 Uhr verließ er im Gedränge den Saal des Gasthauses der Brauerei Bruder im südbadischen Oppenau – mitten in seiner Heimat. Ein damals 37 Jahre alter Mann, der zuvor unauffällig im Publikum gesessen hatte, näherte sich unbemerkt, zog einen Revolver und feuerte aus einem halben Meter Distanz.
Schäuble wurde im Rücken und am Hals getroffen. Die dritte Kugel bohrte sich in den Körper eines Personenschützers, der ihn gegen den Angriff abzuschirmen versuchte. Der Minister sank zu Boden. Im Krankenhaus rangen die Ärzte fünf Stunden lang um sein Leben. Schnell war offenkundig, dass Schäuble nie wieder wird gehen können. Er blieb vom dritten Brustwirbel an abwärts gelähmt – und für sein weiteres Leben auf einen Rollstuhl angewiesen.
Das Foto von Wolfgang Schäuble im Rollstuhl brennt sich ein
Sechs Wochen nach der Tat wagte Schäuble sich wieder ins Scheinwerferlicht der Kameras – ein Moment, der sich in die Ikonografie der Republik eingebrannt hat: der Minister im Rollstuhl, Trainingsjacke statt dunklem Anzug, die Wange mit einem großen weißen Pflaster beklebt.
Öffentlich hatte Wolfgang Schäuble über den Attentäter kaum ein Wort verloren. Der Mann war nicht bei Sinnen, als er seinen Revolver abfeuerte: ein gescheiterter Kneipier, zeitweise drogenabhängig, von Wahnideen getrieben. Er habe sich für „psychischen und physischen Terror“ rächen wollen, die ihm der Staat angetan hätten, gab er im Polizeiverhör zu Protokoll.
Wolfgang Schäuble macht weiter politische Karriere
Wolfgang Schäuble arbeitete nach dem Attentat weiter an seiner politischen Karriere. Von 1991 bis 2000 führte er die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Nach dem Machtverlust der Union 1998 wurde Schäuble im Zuge der Neuaufstellung der CDU Parteichef.
In den Turbulenzen der CDU-Spendenaffäre und nach Aussagen zu einer 100.000-Mark-Barspende trat Schäuble im Februar 2000 als CDU-Chef zurück. Merkel wurde Parteichefin, 2005 machte sie als Kanzlerin Schäuble zum Innenminister, vier Jahre darauf zum Finanzminister.
Nach der Bundestagswahl 2017 wurde Schäuble zum Bundestagspräsidenten gewählt, das zweithöchste Amt im Staat. Das höchste Amt im Staat, das des Bundespräsidenten, blieb Schäuble verwehrt.