Einige Zeit später meldet das Landesamt für Verfassungsschutz dem LKA, man wisse jetzt, wo die Bomben gebaut würden. Die Adresse einer angemieteten Garage werde der Polizei mitgeteilt, aber streng geheim, es gebe also keine Mitteilung an die Staatsanwaltschaft. Außerdem sei die Bedingung der Information: keine Festnahmen, keine Durchsuchung von Pkws.

 

Die Polizei öffnet die Garage und findet tatsächlich die lange gesuchte Bombenwerkstatt, Rohre, TNT, Werkzeuge, alles ist da. Uwe Böhnhardt erscheint, sieht die Beamten (keine Festnahme), steigt in seinen Wagen (keine Durchsuchung von Pkws) und fährt davon. Erst Tage später wird der „Streng geheim“-Vermerk aufgehoben, erst jetzt ergeht Haftbefehl gegen die drei Flüchtigen: neben Böhnhardt auch Mundlos und Zschäpe. Damit nicht genug: das Landesamt für Verfassungsschutz meldet, die drei befänden sich im Ausland. Der Haftbefehl wird zwar nicht aufgehoben, aber die Fahndungsmaßnahmen werden wegen dieser falschen Information deutlich heruntergefahren. Dies, so höre ich seither von Polizisten, sei nichts anderes gewesen als die organisierte Überführung des Terrortrios in den Untergrund.

Wenn der Polizeidirektor den Tatort zerstört

Nun nimmt die größte Mordserie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ihren Anfang. Fast jedes einzelne dieser Verbrechen erzählt zwei Geschichten, eine für die Öffentlichkeit und eine andere, die sich erst durch Recherche erschließt.

Einige Beispiele: beim Anschlag auf ein Internetcafé in Kassel 2006 befindet sich ein Beamter des hessischen Verfassungsschutzes unmittelbar am Tatort, wenige Meter von Mörder und Opfer entfernt. Er sieht nichts, hört nichts, riecht den Pulverdampf nicht, und er meldet sich nach der Tat nicht bei der Polizei, angeblich weil er keine Zeitungen liest. Wer glaubt solchen Unsinn? In Eisenach/Stregda zerstört Polizeidirektor Mentzel den Tatort, einen Fiat Camper, in dem sich Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt angeblich erschossen haben, indem er den Camper mit den beiden Leichen darin im 40-Grad-Winkel gekippt auf einen Laster hochziehen und abtransportieren lässt. Die Leichen, die Gegenstände im Wagen, Waffen, alles eben jene Beweisstücke, die im Nachhinein die Mordserie bis hin zu Michele Kiesewetter erklären sollen – all dies fliegt durcheinander und wird so in der offenen Halle des Transportunternehmens abgestellt. Diese Zerstörung eines so wichtigen Tatorts durch die Polizei selbst ist in der deutschen Kriminalgeschichte einmalig und mit polizeilichen Erfordernissen nicht zu erklären.