Kultur: Tim Schleider (schl)

Mein Gott, ist sie schön.“ Mit dem ersten Satz in Woody Allens Tragikomödie Hannah und ihre Schwestern ist alles gesagt. Das Karussell des Begehrens schleudert Figuren und Zuschauer herum. Elliott, Hannahs Mann, ist verliebt in ihre Schwester. Wer Allen vorwirft, er sei unpolitisch, an sozialem Elend und Weltgeschehen nicht interessiert, hat recht. Alle Lebenslast scheint im New Yorker Milieu eines künstlerisch-intellektuell geprägten Bürgeradels Mitte der achtziger Jahre abgeladen zu sein. Politisch sind nur die privaten Konflikte. In Balance gehalten – sprich, nicht in die Depression gestürzt – wird dieses Ingmar-Bergman-haft grundierte, von Richard Rodgers’ & Lorenz Harts Musik melancholisch zum Tanztaumeln gebrachte Familienpanorama durch einen Schuss Sketch-Adrenalin. Das verabreicht Woody Allen selbst als hypochondrischer Fernsehproduzent. Er spielt Hannahs Exmann Mickey. Seine Sterilität führt sie auf „exzessive Masturbation“ zurück. Worauf er erwidert: „Hey, hackst du jetzt auch noch auf meinen Hobbys rum?“ Übrigens ist Mickey-Woody am Ende äußerst fruchtbar.