Die Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart ließ im Forschungszentrum Arena 2036 an der Universität Teams aus Firmen und Unis die Zukunft von Arbeit und Innovation skizzieren. Stuttgart befindet sich in bester Gesellschaft: Zuvor fand der sogenannte Workhackathon in Tokio, Amsterdam und Singapur statt.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Für Computerfreaks ist das Wort Hackathon seit langem ein geflügelter Begriff: Damit sind ein- oder mehrtägige Events gemeint, bei der sich bunt, meist spontan zusammengewürfelte Teams in einem Ideenmarathon kreative Lösungen für oft vorgegebene Herausforderungen einfallen lassen. Die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart (WRS) hat jetzt einen so genannten Workhackathon nach Stuttgart gebracht, den es seit dem Start 2017 dreimal gegeben hat, in den Weltstädten Tokio, Amsterdam und Singapur. „Ein Mensch der die Gelegenheit bekommt aus dem Alltag auszubrechen, der hat am Montag einen anderen Arbeitsalltag“, sagt Raphael Gielgen, vom Hackathon-Erfinder Vitra – das keine IT-Firma ist, sondern ein Schweizer Möbelunternehmen.

 

Bei der Veranstaltung wird die Welt der IT, die schon lange offene und kreative Arbeitsweisen kennt, bewusst verlassen. Die Teams sollen von unterschiedlichen Teilnehmergruppen und aus unterschiedlichen Disziplinen kommen. „Wir haben keine Entwickler eingeladen, sondern ein breites Spektrum von ganz normalen Leuten: Vom jungen Studenten bis zum Hauptabteilungsleiter“, sagt Gielgen.

Werkzeug ist nicht nur das Smartphone, sondern auch Klebstoff und Papier

Werkzeug bei der Ideenfindung im automobilen Versuchszentrum Arena 2036 an der Universität Stuttgart waren deshalb neben den üblichen Smartphones und Laptops auch Papierbögen, Klebstoff, Schere und Papier. Rund 70 in Einheits-T-Shirts gesteckte Teilnehmer fanden sich hier zu 13 Arbeitsgruppen zusammen. Die Teilnehmer kamen von Firmen wie Bosch, Daimler, Festo oder dem Südwestrundfunk, vom Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) oder den Hochschulen aus München, Regensburg und Stuttgart.

Bestehende Arbeitsweisen hinterfragen

Ziel war es, bestehende Arbeitsweisen zu hinterfragen und die Teams zu neuen Arten der Kommunikation und Entscheidungsfindung zu ermuntern. Dazu gehören auch ungewöhnliche Themen, wie die vom Fraunhofer IAO gestellte Frage, ob das einstige Modell des wandernden Zimmermanns auf Wissenschaftler angewandt werden könne: „Ist Forschung mobil, und können Forscher auf Wanderschaft dazu lernen?“ Der Südwestrundfunk hatte die Frage: „Wie arbeitet ein Sender im Jahre 2028 wenn jeder zum Sender wird?“ Bei dem von Firmen wie Bosch oder Daimler gestellten Aufgaben ging es um die Umgestaltung von Entwicklungsprozessen und der Arbeitsumgebung. Auch ein Team der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart befasste sich unter anderem vor dem Hintergrund der geplanten Internationalen Bauausstellung mit dem Problem, wie man Gewerbegebiete zu vitalen gemischten Quartieren verwandeln kann. Dieses war am Ende auch eines der beiden Siegerteams.

Sehnsucht nach Selbstbestimmung

Es gehe um radikale Ideen, die das Bestehende hinterfragen, sagt Gielgen: „Es gibt heute eine Sehnsucht nach Freiheit. Die Leute wollen Gestalter sein, nicht einfach nur gesteuert.“

Eine Fragestellung in einer Arbeitsgruppe war deshalb auch, was man wohl seinem Chef sagen würde, wenn man wirklich ihm die ganze Wahrheit sagen könnte.

Man verspreche sich Impulse für die Gestaltung und Organisation des Arbeitsumfelds in den Firmen der Region Stuttgart, sagt Walter Rogg, der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart. „Beim Workhackathon hat sich wieder bestätigt: Ein gewisses Maß an Chaos ist die Basis für Innovation“, sagt Veit Haug, der Leiter des WRS-Geschäftsbereichs Standortentwicklung. Dass Stuttgart als Veranstaltungsort auf Augenhöhe mit Metropolen sei, wertet er als Anerkennung dafür, dass die Region bei den Trends im Bereich der Industriearbeitswelt einen Namen habe. Die nächste Stadt, auch mit S am Anfang, in der ein Workhackathon stattfindet, heißt Seoul – die Hauptstadt von Südkorea.