Beim CSI-Training lernen Hobbyagenten alles über den Job als Profiler, ähnlich wie in ihrer TV-Lieblingsserie. Eine Reportage zwischen Fingerabdrücken, Schutzanzügen und jeder Menge Todesarten.

Stuttgart - Es ist ein Herbsttag wie aus dem Bilderbuch. Die meisten Gäste haben sich in Dirndl oder Lederhose längst auf den Weg zum Cannstatter Wasen gemacht, auch Personal ist in der Jugendherberge in der Haußmannstraße nicht mehr zu sehen. Lediglich 50 Besucher haben sich auf der Terrasse versammelt. Sie interessierten sich aber weniger für die Liegestühle als vielmehr für das, was dahinter lag: eine weibliche Leiche.

 

Natürlich keine echte, es ist eine Puppe. Doch an diesem Nachmittag bekommt sie einen Namen: Manuela Schulz, 29 Jahre alt. Wie kam Manuela dahin? Wer hat sie erschlagen? Warum? Das sollen die Teilnehmer des CSI-Trainings an diesem Samstagnachmittag herausfinden. Wie in einer der beliebten Krimiserien „CSI Miami“ oder „Navy CIS“ wollen sie in dem fünfstündigen Workshop alles über die Arbeit eines Profilers lernen.

Sonnenbrille, Basecap und Donut dürfen nie fehlen

Auch die 24-jährige Nina Telser ist mit von der Partie – zusammen mit ihrem Vater. Sie hat ihm den Workshop vom Erlebnisveranstalter Jochen Schweizer geschenkt. „Ich fand, das war mal eine andere Art von Präsent. Und mein Dad hat sich riesig darüber gefreut“, erzählt sie.

Ausbilder und „Supervisor“ ist an diesem Nachmittag André Thomé. Wie bei Navy CIS tritt er selbstverständlich mit dunklem Poloshirt, Sonnenbrille und Basecap auf. „Welche drei Dinge haben wir CSI-Agenten immer dabei, wenn wir an den Tatort kommen?“, fragt er seine Schüler gleich zu Beginn des Theorieteils. „Handschellen“, „Pistole“, „Fotoapparat“, rufen sie ihm zu. Doch der Agent schüttelt nur lächelnd den Kopf. „Nein, die Sachen auch. Aber was sind die essenziellen Dinge jedes CSI-Ermittlers?“, hakt er nach. Eine kurze Pause entsteht. Dann ein Lachen im Publikum: Sonnenbrille, Basecap, Donut. Die Antworten sind richtig. „Und was zeigt ihr mit diesen Sachen?“ Auch diese Antwort folgt prompt: „Kompetenz!“

Die unterschiedlichen Todesarten werden vorab geklärt

Man merkt, dass hier nur Experten sitzen. Mit einem Klemmbrett auf den Knien machen sich die Agenten-Anwerber erste Notizen. Nachdem die unterschiedlichen Todesarten, Fingerabdrücke und das Zehn-Punkte-System, wie ein CSI-Agent bei seinen Ermittlungen am Tatort vorgehen sollte, geklärt sind, wird es für alle ernst.

Sie müssen einen weißen Schutzanzug anziehen, Gummihandschuhe und sich mit Stift oder Kamera bewaffnen. Auch Nina Telser hat sich in Montur geworfen und wartet auf die Anweisung ihres Teamleiters. Insgesamt werden sechs Teams gebildet, in jedem ist ein Leiter da, der den schweren Agentenkoffer trägt. Darin enthalten: Pinsel und Pulver, um Fingerabdrücke zu nehmen, ein blaues Licht, um Blut und unsichtbare Fingerabdrücke sichtbar zu machen, Schablonen, mit denen man eine Tatortskizze zeichnen kann, und noch vieles mehr. „Nur der Donut fehlt leider“, sagt Nina Telser lachend. Aber zum Essen hat sie auch kaum Zeit. Denn jetzt geht es schon an den Tatort.

Die Teams müssen Spuren suchen und dokumentieren

Die sechs Teams werden unterschiedlichen Abschnitten, die alle mit einem gelben „Crime Scene – Do not cross“-Schild (Tatort nicht betreten) abgesperrt sind, zugewiesen. Dann geht es los. Die ersten Teams müssen Spuren suchen, Fundstücke mit Nummern versehen, abfotografieren, dokumentieren, eine Tatortzeichnung anfertigen. „Nicht anfassen“, ruft Nina Telser, als einer der Agenten einen Schuh aufheben will. Er zuckt zusammen. „Hätte ich glatt vergessen. Ist aber auch so aufregend“, sagt er entschuldigend und schaut sich weiter nach Beweisen um.

Davon gibt es jede Menge: Pampers, einzelne Schuhe, BHs, Golfbälle, Zigarettenkippen. . . Alles wird in Plastikbeuteln verstaut und zu „Abby Sciuto“, der weiblichen Labor-Ikone aus Navy CIS zur Auswertung gebracht. Hier gibt es schon die nächsten Hinweise.„Ich finde es echt gut gemacht. Es macht Spaß, gemeinsam zu analysieren und einen Mörder zu suchen“, meint Nina Telser. „Ich bin nicht so ein Seriengucker, aber das Nachspielen macht richtig Laune“, fügt sie hinzu.

Die Workshops werden deutschlandweit angeboten

Supervisor André Thomé hält solche Workshops mittlerweile rund 15 Mal im Monat – für Privatleute wie hier oder auch in Firmen. „Vor ein paar Jahren habe ich Hummer-Geländewagen an Kunden vermietet, die mal mit einem amerikanischen Auto herumfahren wollten. Irgendwann haben mich dann Kunden angesprochen, ob ich nicht auch ein Event dazu organisieren könnte, wo man zuerst auf Mörderjagd gehen und später Hummer fahren könnte. So bin ich auf die Idee gekommen, diese Veranstaltungen regelmäßig und professionell anzubieten“, sagt er.

Die Idee kommt an. Mittlerweile bietet er seine Workshops deutschlandweit in zehn Städten an. 2012 ging es los, 2014 erwarb er auf einer Lizenzmesse in Los Angelos die Lizenz des Fernsehsenders der CSI-Serien. Seitdem darf er neben das CSI-Training ein Logo setzen als Echtheitszertifikat. „Es läuft mittlerweile so gut, dass wir das Training nächstes Jahr als Franchise-Projekt anbieten. Mein Traum wäre es zudem, eine feste Eventlocation, zum Beispiel in München, einzurichten – ganz angelehnt an die Serie“, schwärmt Thomé.

Das könnte auch NinaTelser und ihrem Vater gefallen. Sie haben den Mörder nach fünf Stunden geschnappt und halten nun ein Zertifikat als CSI-Ermittler in der Hand. „Dann kann ich ja nächste Woche als CSI-Agent anfangen“, meint Nina Telser augenzwinkernd.