Die Betreiber des Württemberg Hauses kritisieren das Vergabeverfahren auf dem Wasen. Bürgermeister Michael Föll ist genervt von der Diskussion. Die Geschichte einer Auseinandersetzung.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Wenn sich eine Gastronomen-Familie, ein Anwalt und ein Investor wenige Tage vor dem Beginn des Cannstatter Volksfests auf dem Wasen treffen, geschieht das nicht, um vorab das neue Kettenkarussell zu testen. Stattdessen hat die Gruppe Redebedarf und will an der Stelle, an der vor einem Jahr das Württemberg-Haus auf dem Volksfest gestanden hat, über vermeintliches Unrecht diskutieren.

 

Das Weinzelt entspricht nicht den Wasen-Ansprüchen

Das gehobene Weinzelt wurde nach nur einer Auflage von der Stadt Stuttgart vom Volksfest verbannt. Die Begründung: Das Zelt habe in der für 2013 vorgestellten Version nicht den hohen Ansprüchen des Wasens genügt. Die Absage an das Württemberg-Haus erfolgte zwar bereits Anfang Juni – nachdem sich die Stadt zehn Wochen für eine Entscheidung Zeit gelassen hatte. Die verhinderten Betreiber haben aber kurz vor dem Volksfest-Startschuss immer noch zu knabbern und erneuern ihre Vorwürfe gegen die hiesige Verwaltung: Das Vergabeverfahren für den Wasen sei intransparent, die Absage des Württemberg-Hauses habe viel zu spät stattgefunden.

„Unser gastronomisches Vorhaben auf eine Riesenpfanne zu beschränken und uns deshalb abzusagen, ohne uns eine Chance auf eine Nachbesserung des Konzepts zu geben, ist ein unfassbarer Vorgang. Das Konzept wäre innerhalb von einer Stunde umgeschrieben gewesen“, sagt Hans Peter Küffner. Küffner war von den Gesellschaftern des Württemberg-Hauses als Festzeltwirt auserkoren worden, nachdem Marco Grenz im Februar erklärt hatte, dass er als Wirt nicht mehr zur Verfügung steht. Zwischen der Anwaltskanzlei Baumann und Grenz, die das Württemberg-Haus vor einem Jahr gemeinsam geplant hatten, hatte es Differenzen gegeben.

Das Team hinter dem Württemberg-Haus besteht aus mehreren Parteien. Neben der Anwaltskanzlei Baumann, die mittlerweile für die Alte Kanzlei am Stuttgarter Schlossplatz verantwortlich zeichnet, beteiligte sich Ulrich Epple als Investor. Epples Großvater etablierte einst die Bertha Epple als Personenschiff auf dem Neckar, Ulrich Epple führt die Weinstube „Zur Schreinerei“.

Hans Peter Küffner will sich in Stuttgart beweisen

Den gastronomischen Part im Württemberg-Haus hätte Hans Peter Küffner – Spitzname HP, Markenzeichen gezwirbelter Oberlippenbart –, übernehmen sollen. Als Erlebnisgastronom ist er eine große Nummer im Unterland. Von seinem Stammhaus, dem Küffner Hof im östlichsten Zipfel des Landkreises Heilbronn, hat er ein kleines Gastronomieimperium mit diversen Weinzelten, zwei Westernsaloons, Hotel und mehr aufgebaut. Sein Sohn Marcel Küffner hat bei Harald Wohlfahrt in der Traube Tonbach gelernt.

Die Absage des Württemberg-Hauses ist ein anschaulicher Beleg dafür, was für illustre Charaktere im Mikrokosmos Wasen mitmischen möchten. Auf der einen Seite der selbstbewusste HP Küffner, der die Absage mindestens als Majestätsbeleidigung ansieht. Dazu der Anwalt Raimund Baumann, der die Stuttgarter Variante des schicken Käfer-Zeltes auf der Wiesn auf dem Wasen verwirklichen wollte.

Föll hat das letzte Wort über die Wasen-Vergabe

Auf der anderen Seite steht der mächtige Michael Föll, der als Wasenbürgermeister das letzte Wort über die Vergabe der Zelte auf dem Volksfest hat. Beide Parteien sind – vorsichtig formuliert – nicht ganz so gut aufeinander zu sprechen, sprechen aber ohnehin lieber übereinander als miteinander.

„Herr Föll hat zehn Wochen lang nicht auf unsere Anrufe reagiert“, schimpft HP Küffner, der sich seines guten Drahtes in die Politik außerhalb von Stuttgart rühmt: „Sie können die Bürgermeister von Wiesloch oder Lauda-Königshofen anrufen, die sind alle voll des Lobes. Dass ich hier in Stuttgart aber vorgeführt werde und mir abgesagt wird mit der Ansage, wir könnten es nicht – das wurmt mich gewaltig.“

Föll: Urteil ist an Deutlichkeit nicht zu überbieten

Michael Föll sieht die Sachlage anders. „In einem laufenden Verfahren kann ich mit einem Bewerber nicht so lange diskutieren, bis uns das Konzept passt. Das verbietet der Gleichbehandlungsanspruch. Und außerdem: Wenn ich mit jedem der 320 Bewerber für den Wasen diskutieren würde, würde das Volksfest nur noch alle fünf Jahre stattfinden“, so Föll. „Es gibt aber doch keine richtige Ausschreibung, wie die Vorstellung der Stadt für das Weinzelt ist“, kontert HP Küffner. „Das Zulassungsverfahren ergibt sich aus dem Gewerberecht“, erwidert Föll.

Gegen die Absage zog das Team Württemberg-Haus schließlich vor das Verwaltungsgericht Stuttgart. Die Klage wurde im Schnellverfahren abgewiesen. „Die Herren sollen das Urteil ganz genau durchlesen, das sie mit ihrer Klage erst bewirkt haben. Das ist an Deutlichkeit nicht zu überbieten.“

Auch 2014 kein gehobenes Weinzelt?

Am Ende des Gesprächs wird deutlich, wie sehr Föll die Diskussion inzwischen nervt: „Ich habe die Anschuldigungen geduldig ertragen, mich über das eine oder andere innerlich aufgeregt. Ich weiß ja nicht, wie man im Unterland die Dinge regelt, in Stuttgart herrscht aber Recht und Gesetz.“

Hans Peter Küffner sieht sich dagegen um einen Lebenstraum gebracht: Der Cannstatter Wasen sei für einen Gastronomen eine Liga, die man gerne angehen würde. Raimund Baumann sieht dazu die Glaubwürdigkeit der Stadt in Gefahr: „Wer investiert auf dem Wasen denn noch richtig Geld, wenn er nicht weiß, was morgen ist?“ Die genauen Kosten des Württemberg-Hauses will Baumann nicht beziffern. „Sie können davon ausgehen, dass das ein gut siebenstelliger Betrag war.“ Baumann will jetzt in nächster Instanz gegen die Stadt klagen. Mittlerweile gebe es außerdem eine hohe Nachfrage nach dem Württemberg-Haus für andere Standorte. Und Michael Föll? Der überlegt sich, für den Wasen 2014 von vornherein kein gehobenes Weinzelt zuzulassen – aus Platzgründen. Zwischen Alter Kanzlei und Unterland wird man das nicht ganz so gerne hören.