Sind in einer Cuvée nur Reste enthalten? In der dritten Runde der Württemberger Weinmeisterschaft unserer Zeitung jedenfalls geht es um das Beste für unter zwölf Euro, was der Keller so hergibt.
Kann man „günstige“ Rotweine direkt nach dem Einkauf trinken oder sollte man manche länger liegen lassen? In der dritten Runde der Württemberger Weinmeisterschaft von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten ging es um „Brot-und-Butter-Weine“, um „Montag-bis-Donnerstag-Weine“, in der „heimlichen Königsklasse“ also um „Rotweine mit dem mutmaßlich besten Preis-Leistungs-Verhältnis in Württemberg“, wie Holger Gayer, Geschäftsführender Redakteur unserer Zeitung und Moderator der Weinmeisterschaft, sagt. Rund vierzig Rotweine unter zwölf Euro waren zum Wettbewerb eingereicht worden. Die sechs Finalisten wurden in einer Blindprobe unserer Weinkolumnisten mit Dieter Blankenhorn in dessen Staatlicher Lehr- und Versuchsanstalt Weinsberg bestimmt.
Von wegen Reste: zwei Cuvées mit dem Best of Keller
Zwei Cuvées sind im Rennen um den Titel, und Holger Gayer ist begeistert, dass er endlich mal offen und ehrlich hört: „Damit räumt der Kellermeister den Keller auf.“ Philipp Kollmar, der nach 14 Monaten immer noch neue Geschäftsführer des Stuttgarter Collegium Wirtemberg, sagt dies über die 2020er Edition Wirtemberg Cuvée Noir aus mehr als einem halben Dutzend Rebsorten. Bei dem „frischen, klassischen, harmonischen Wein“ handele sich um eine Chance, höherwertige „Reste“ zu verwerten. Christian Hirsch aus Leingarten bezeichnet seine „Ohne Jahrgang Rot und Wild“-Cuvée marketingtechnisch sogar als „Best of Keller“ mit Anteilen, die bis zurück ins Jahr 2018 gehen. Um diese gute Qualität zu erzielen, habe man von Anfang an Wein zurückgehalten. Man könne seine kräftige Cuvée sofort trinken – aber auch noch gut viele Jahre liegen lassen.
Ein Spätburgunder und ein Merlot von internationalem Format
Eigentlich alle Weine dieser Runde müssen sich nicht vor deutlich teureren Vertretern aus dem Ausland verstecken. So etwa der 2022er Spätburgunder Zweistern trocken vom Weingut Dobler in Beutelsbach, der leicht, filigran, elegant ist und „den Jahrgang und die Sorte widerspiegeln soll“, sagt der Juniorchef Andreas Dobler. Und der 2021er Herzog C Merlot der Weingärtner Cleebronn-Güglingen zeigt, was man inzwischen aus dieser Rebsorte herausholen kann – im Gegensatz zu den 90ern, als die Merlots aus unserer Region „wirklich nicht gut waren“, wie Axel Gerst, seit 25 Jahren WG-Geschäftsführer, zu berichten weiß.
Württembergs Vorzeigesorte ist und bleibt der Lemberger
Richtig international punkten aber kann man vor allem mit dem Lemberger. Die Rosswager Genossenschaft Lembergerland trägt dies auch gleich stolz im Namen und nennt einen ihrer Weine selbstbewusst 2022er Lemberger Meisterwerk trocken, obwohl es sich um einen „alltäglichen“ Wein und nicht mal aus der Premiumlinie „Blauer Stein“ handelt, wie der Betriebsleiter Thomas Hagenbucher sagt. Er stammt aus extremen Steillagen an der Enz, die dank eines Kollektivs aus Patenschaften vielleicht mehr Zukunft haben als anderswo.
Trotz mancher Probleme im Land: „Die Qualität ist in den letzten Jahren immer mehr nach oben gegangen, auch in der Breite.“ Dies sagt der „der ranghöchste Vertreter des Qualitätsdenkens in Württemberg“ (Gayer), denn Felix Ellwanger ist der hiesige Vorstand des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter. Als Chef des Weinguts Jürgen Ellwanger in Winterbach hat er einen 2021er Hebsacker Lemberger eingereicht, der laut Gayer noch nicht ganz rund sei, anders gesagt: noch viel Potenzial hat. „Kein Mensch würde auf die Idee kommen, einen Barolo gleich aufzumachen“, erklärt Ellwanger dazu. Jedenfalls bestätigt auch dieser Lemberger, dass das Niveau gerade in der „rot-günstigen“ Kategorie der Weinmeisterschaft noch nie so hoch war. Nun haben die Leserinnen und Leser die Qual der Wahl.
Weinpakete Die Weinprobe im Pressehaus ist unter dem Link https://zeitung-erleben.de/event/weinmeisterschaft-rot-weiss/ abrufbar. Dort ist nur noch das Wettbewerbpaket mit sechs Weißweinen ab zwölf Euro plus eine Kiste Aqua Römer Quelle für 118,56 Euro erhältlich.