Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier fordert, Bundespräsident Christian Wulff solle seine Anwälte „an die Leine“ legen.  

Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel geht davon aus, dass Bundespräsident Christian Wulff sich an das von ihm selbst aufgestellte Gebot größtmöglicher Transparenz hält. "Sollte es neue Fragen geben, bin ich davon überzeugt, dass er sie genauso beantworten wird, und deshalb hat meine Wertschätzung Bestand", sagte Merkel in Berlin. Regierungssprecher Steffen Seibert ergänzte, die Kanzlerin finde "es richtig und wichtig, dass der Bundespräsident mit großer Offenheit und Transparenz auf die vielen Fragen, die ihm gestellt wurden, geantwortet hat". Sie vertraue darauf, "dass das weiterhin so sein wird, wenn relevante Fragen gestellt werden". Anders als von Wulff in einem Fernsehinterview versprochen, hatte dessen Anwalt Gernot Lehr bisher die Veröffentlichung der Fragen und Antworten zu den Vorwürfen abgelehnt. Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland sagte deshalb die Teilnahme ihrer Vorsitzenden, Edda Müller, am Neujahrsempfang des Bundespräsidenten ab.

 

Auch in der Union herrscht Unmut. Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier, ein enger Vertrauter Merkels, forderte Wulff via Twitter auf, das Versprechen größtmöglicher Transparenz zu halten: "Wünsche mir, dass Christian seine Anwälte an die Leine legt und die Fragen/Antworten ins Netz stellt", schrieb Altmaier. Dem Hamburger Abendblatt sagte Altmaier, er hielte "es für unglücklich, wenn der Eindruck entstünde, dass die Anwälte des Bundespräsidenten jetzt hinter dem zurückbleiben, was er selbst in einem Fernsehinterview angekündigt hat". Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sieht einen "flächendeckenden Vertrauensverlust". Dem "Stern" sagte er, nicht nur Wulff persönlich habe die Affäre "strapaziert", sondern "leider wohl auch das Amt". Lammert, der als möglicher Nachfolgekandidat gehandelt wird, stritt allerdings alle Ambitionen auf das Amt kategorisch ab.

Neue Ungereimtheiten

Unterdessen wurden neue Ungereimtheiten bekannt. Der "Stern" schreibt über neue Details zu Wulffs kostenlosem Urlaub in der italienischen Villa des Versicherungsmanagers Wolf-Dieter Baumgartl. Wulffs Anwälte hätten demnach bestätigt, dass Baumgartl 2008 während Wulffs Besuch in der Toskana nur "teilweise anwesend" gewesen sei. Sie gaben dem Bericht zufolge außerdem zu, dass das Hauspersonal der Villa "einige Dienstleistungen für das Ehepaar Wulff erbracht hat". In dem TV-Interview hatte Wulff davon gesprochen, dass er und seine Frau in Italien bei Freunden zu Gast gewesen seien, um "mit den Freunden zusammen zu kochen, zu frühstücken, im Gästezimmer zu schlafen".

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier rechnet mit einem Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtags wegen der Kreditaffäre. Angesichts des Ausmaßes der Vorwürfe werde ein solcher Ausschuss wahrscheinlicher, sagte Steinmeier.