Überraschung in Hannover: Der Prozess gegen Ex-Bundespräsident Wulff könnte bereits im Januar eingestellt werden. Das Gericht regt eine Abkürzung des Verfahrens an. Die Staatsanwaltschaft protestiert. Die Verteidiger freut's. Für sie kommt nur ein Freispruch in Betracht.

Überraschung in Hannover: Der Prozess gegen Ex-Bundespräsident Wulff könnte bereits im Januar eingestellt werden. Das Gericht regt eine Abkürzung des Verfahrens an. Die Staatsanwaltschaft protestiert. Die Verteidiger freut's. Für sie kommt nur ein Freispruch in Betracht.

 

Hannover - Der Korruptionsprozess gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff könnte schon im Januar mit einer Einstellung zu Ende gehen. Die in der Anklage formulierten Vorwürfe der Vorteilsannahme im Amt seien nach der vorläufigen Bewertung der Kammer bislang nicht belegbar.

Das sagte Richter Frank Rosenow am Donnerstag in einer Zwischenbilanz. Er schlug vor, das seit Mitte November am Landgericht Hannover laufende Verfahren einzustellen. Dem Vorschlag müssten jedoch Verteidigung und Staatsanwaltschaft zustimmen.

Die Staatsanwaltschaft lehnte das Angebot nach kurzer Beratung ab. "Die Zwischenbilanz der Kammer überzeugt uns nur teilweise", sagte Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer. Aus seiner Sicht gibt es nach wie vor ausreichende Hinweise darauf, dass Wulff sich wissentlich von dem Filmfinancier David Groenewold hat einladen lassen. Die bisher gehörten Zeugen hätten sich, wie zu erwarten gewesen sei, nur an wenige Umstände des Oktoberfestbesuchs im Jahr 2008 erinnern können.

Das Gericht müsse sich aber über eine Gesamtschau ein Urteil bilden, sagte Eimterbäumer. So sei etwa Groenewolds versuchte Verschleierung von Details auf der Hotelrechnung ein Beleg für die Absprache zur Vorteilsannahme mit Wulff. "Wulff musste die fehlenden Babysitterkosten auf seiner Rechnung vermissen", betonte er.

Wulffs Verteidigung wertete die Stellungnahme des Richters als Erfolg. "Das Zwischenergebnis bestätigt die Verteidigung", sagte Anwalt Bernd Müssig. "Die Stellungnahme des Gerichts liegt auf der Linie, die wir bis jetzt die ganze Zeit gezeichnet haben", sagte Müssig. "Freispruch - nichts anderes kommt in Betracht."

Vorwurf der Vorteilsannahme sei nicht nachweisbar

Der primäre Vorwurf der Vorteilsannahme sei nicht nachweisbar, ergänzte Müssig. Zudem sei der von der Staatsanwaltschaft erhobene Vorwurf der Verschleierung "ehrabschneidend". Es komme keine Einstellung mit oder ohne Auflagen in Betracht. Wulff war nach Angaben seines Verteidigers Michael Nagel vom Fazit des Richters angetan.

Wulff muss sich seit Mitte November wegen Vorteilsannahme als niedersächsischer Ministerpräsident verantworten. Beim Besuch des Oktoberfests 2008 hatte Filmfinancier David Groenewold laut Staatsanwaltschaft Hotel- und Essenskosten bezahlt und Wulff im Gegenzug für eines seiner Filmprojekte geworben. Groenewold muss sich wegen Vorteilsgewährung verantworten.

Der achte Verhandlungstag war zunächst mit der Befragung einer Oktoberfestbedienung fortgesetzt worden. Die Österreicherin konnte sich jedoch kaum an den Besuch Wulffs im Käferfestzelt vor fünf Jahren erinnern. "Ich kann nicht mal mehr sagen, wer heuer gezahlt hat, ich habe so viele Gäste", sagte die Zeugin. Die 30-Jährige hatte wegen gesundheitlicher Probleme um eine Vernehmung in Innsbruck gebeten, die per Video in das Landgericht Hannover übertragen wurde.

Am nächsten Prozesstag am 2. Januar erwartet die Kammer abschließende Stellungnahmen von der Verteidigung zum Zwischenfazit. Darüber hinaus kündigte Rosenow an, zwei weitere Zeugen laden zu wollen. Alle weiteren bereits geladenen Zeugen wollte der Richter zunächst ausladen und vorsorglich auf eventuelle spätere Termine schieben. Spätestens am 9. Januar können die Prozessbeteiligten laut Kammer nochmals zum Fortgang des Verfahrens Stellung nehmen.