Ex-Präsident Christian Wulff und sein Ex-Sprecher Olaf Glaeseker waren einmal Freunde. Jetzt sieht man sich vor Gericht. Ihre Karrieren sind zerstört.

Hannover - Die beiden waren viele Jahre lang ein eingespieltes Team. Christian Wulff, der aufstrebende Politiker, und Olaf Glaeseker, sein Sprecher und Berater, ein Mann mit vielen guten Kontakten. Vor zwei Jahren kam der Bruch, danach die tiefe menschliche Enttäuschung. In den nächsten Wochen begegnen sie sich wieder – im Gerichtssaal. Gegen beide Männer stehen Korruptionsvorwürfe im Raum, und der eine muss beim anderen als Zeuge aussagen. Nächste Woche wird Glaeseker im Wulff-Prozess befragt, am 10. Februar soll sich Wulff zu Glaeseker äußern. Gibt es wieder eine Annäherung der Männer, die so lange gemeinsam auf der Erfolgsleiter nach oben geklettert waren?

 

Glaeseker hat sich im aktuellen „Spiegel“ erstmals seit zwei Jahren dazu geäußert. Die Distanz wird deutlich. „Wir haben aktuell kein Verhältnis, was ich – nach dem, was passiert ist – auch für ganz normal halte. Ich habe ihm verziehen und gucke nach vorne“, sagt Glaeseker. Wenig später spricht er von den „traurigen Momenten“ in der Vorweihnachtszeit 2011, als Wulff ihn zwei Tage vor Heiligabend als Bundespräsidenten-Sprecher entlassen hatte. Es wird deutlich, dass nicht nur die Entlassung für Glaeseker eine tiefe Enttäuschung war, sondern vor allem das, was Wulff später intern zu den Dingen sagte, die Glaeseker als „Korruption“ vorworfen werden.

Olaf Glaeseker will nächste Woche im Prozess gegen Wulff aussagen. Foto: dpa
Glaeseker war zwischen 2007 und 2009 Sprecher der niedersächsischen Landesregierung. Dreimal fanden Prominenten-Partys namens „Nord-Süd-Dialog“ statt, eine Veranstaltung mit zwei Schirmherren, den Ministerpräsidenten aus Niedersachsen und Baden-Württemberg. Organisiert hatte diese Treffen der Event-Manager Manfred Schmidt, der kräftig daran verdient hat. Glaeseker hat sich als niedersächsischer Staatssekretär intensiv an der Sponsorensuche beteiligt. In dieser Zeit sollen er und seine Frau mehrfach kostenlose Urlaube auf Anwesen von Schmidt in Spanien und Südfrankreich verbracht haben. Die Staatsanwaltschaft wittert Bestechung – die Urlaube seien eine Gegenleistung dafür gewesen, dass Glaeseker als Landesbediensteter Sponsoren für die Einladungen eingeworben hatte. Glaeseker selbst zeichnet ein ganz anderes Bild.

Die Sponsoren habe er nur gesucht, weil es im Interesse von Wulff gewesen sei, dass diese Prominententreffen ein Erfolg wurden. Die CDU/FDP-geführten Regierungen in Baden-Württemberg und Niedersachsen hätten mit diesen Partys den Streit zwischen Porsche und VW überstrahlen wollen. Die Sponsorensuche habe dazugehört, Wulff selbst auch Sponsoren angesprochen. Die Aufenthalte bei Manfred Schmidt seien keine Urlaube gewesen, sondern Besuche bei Schmidt zu Hause. Sie hätten nichts mit den „Nord-Süd-Dialogen“ zu tun gehabt, seien vielmehr Ausdruck der engen Freundschaft zwischen Glaesekers und Schmidt, die schon lange vor Glaesekers Aufstieg bei Wulff begonnen habe – unabhängig vom Geschäft. Man besuche sich häufig gegenseitig, bis heute. Als Zeuge äußerte sich Wulff dazu gegenüber den Ermittlungsbehörden im Sommer 2012. Dabei gab er an, von den Urlaubsaufenthalten Glaesekers bei Schmidt nichts gewusst zu haben – und auch nicht von dessen Sponsorensuche.

Dabei geschah dies nach Glaeskers Version doch zum Wohle Wulffs und mit dessen Billigung – wenn auch nicht im ausdrücklichen Auftrag. Im „Spiegel“-Interview lässt Glaeseker nun, auf diesen Widerspruch hingewiesen, seine Version hören. Wulff, sagt Glaeseker, habe nach seinem politischen Sturz „schwersttraumatische Erlebnisse“ gehabt, ähnlich wie ein Unfallopfer nach einer Massenkarambolage. „Da verschiebt sich gelegentlich die Perspektive.“ Dann fügt er hinzu: „Aber oft kommt die Erinnerung ja auch wieder.“

Während das Verfahren Wulffs gut für den Ex-Präsidenten läuft, ist völlig offen, ob es bei Glaeseker zu einer Verurteilung kommt. Stellt sich in seinem Prozess heraus, dass Wulff in Fragen des „Nord-Süd-Dialogs“ die Unwahrheit gesagt hat, könnte dieser Prozess für den Politiker unangenehmer werden als der eigene.