Stuttgarts große Ballettfamilie hat einen neuen Treff: Der frühere Solist Marijn Rademaker freut sich über regen Zuspruch zum Start in seinem Restaurant Yafa in der Altstadt.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Der holländische Tänzer und Choreograf Marijn Rademaker, über viele Jahre ein Publikumsliebling des Stuttgarter Balletts, entdeckt eine neue Bühne für sich. Der 40-jährige Blondschopf räuchert gerade Granatäpfel mit Holz, um daraus eigenen Sirup zu machen. „Mit Wodka und Orangensaft wird daraus ein ganz wunderbarer Cocktail“, freut sich der Neu-Gastronom.

 

Vor wenigen Tagen hat der weltweit gefeierte Solist, der seine aktive Ballettkarriere beenden musste, weil die hohe Belastung zu einem Knorpelschaden im Knie führte, das Altstadtrestaurant Yafa in aller Stille eröffnet – ohne das Datum fürs Soft-Opening anzukündigen. „Wir wollten die Abläufe erst mal einüben“, sagt er, „und haben einfach die Tür aufgemacht.“ Die Mund-zu-Mund-Propaganda funktioniert bestens. Fast jeden Abend sind alle Tische reserviert – wegen Corona sind es weniger als früher bei seiner Vorgängerin, und die Abstände sind größer. Nach den Vorstellungen kommen etliche Ensemblemitglieder des Balletts. Auch Rademakers Partner Matteo Miccini gehört zur Kompanie. An diesem Freitag feiert die Tänzerin Sinead Brodd Geburtstag im Yafa.

Die fleischarme Küche des Orients liegt im Trend

Fehlt dem Neu-Wirt Rademaker nicht der Applaus, den er früher im Scheinwerferlicht genossen hat? Denn jetzt spült der 40-Jährige mit Maske Gläser, dreht frittierte Falafel-Kugeln mit einem speziellen Löffel, bringt israelisches Bier mit hebräischer Aufschrift an die Tische. Dafür gibt es selten Standing Ovations. „Ach“, winkt der ehemalige Ballettstar strahlend ab, „ich hatte so viel Applaus in meinem Leben.“ Jetzt habe er großen Spaß an seiner neuen Aufgabe.

Warum es bei ihm die Küche des Orients geworden ist? „Die war schon früher in diesen Räumen sehr gut“, antwortet er, „in Amsterdam, wo ich gelebt habe, ist sie auch sehr beliebt – wie in anderen Metropolen.“ Die fleischarme Kost mit Hummus und vegetarischer Mezze liege im Trend. Die Multikulti-Küche Israels steht für Vielfalt und Diversität. Im Leonhardsviertel fühlt sich Marijn Rademaker an Amsterdam erinnert.

Jetzt entsteht ein Sirup aus Rhabarber und Sellerie

Aus Rotterdam kam der israelische Koch Itzik Vanunu, ein Freund des Ex-Tänzers, nach Stuttgart, um gemeinsam die Karte zu entwickeln. „Wir haben bisher nur eine kleine Auswahl“, sagt der Wirt, „das wird anders.“ Der zweite Koch, Victor Cabrero Pernas, konnte wegen der Pandemie noch nicht aus Israel nach Deutschland ziehen. Schon auf der Bühne war Rademaker bekannt für Perfektion. Die will er auf sein Lokal übertragen und freut sich wie ein kleiner Junge: „Ich mach jetzt Sirup aus Rhabarber und Sellerie.“ Wenn das keinen Applaus verdient!