Die Tücken der Grammatik besingt Yahya Salman, einer von Dieter Bohlens Schützlingen, auf sympathische Weise. Sein Sommersong „Ich liebe dir/ich liebe dich“, eine Hymne auf die Vielfalt, macht gute Laune. Der Iraker hat sich in seine neue Heimat Stuttgart verliebt.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Es gibt Songs, die wunderbare Bilder im Kopf hervorrufen und angenehme Gefühle erzeugen. Bilder etwa vom Sommer am Meer, von der Sonne und einem Cocktail in der Hand, in einer Strandbar träumend. „Ich liebe dir/Ich liebe dich“ ist so ein beschwingter Sommersong, der einen gefühlvoll durch einen unvergesslichen und erholsamen Urlaub begleiten kann.

 

Der 1994 in Bagdad geborene Yahya Salman, der in Weilimdorf in einer Wohngemeinschaft mit einem Freund lebt, hat Musik und Text dieses leichten Stücks geschrieben und im Studio von House of Music in Winterbach aufgenommen. Die federnden Rhythmen lassen nichts von den Grausamkeiten erahnen, die er in seiner ursprünglichen Heimat erlebt hat. Das Haus seiner Familie wurde im innerschiitischen Krieg zerbombt. In der militarisierten Millionenstadt sind Freunde und Verwandte von Yahya gestorben. Sprengschutzmauern, die Stadtviertel voneinander trennen, Stacheldraht, Schlagbäume, Sandsackbarrieren an jeder Kreuzung, Bombeneinschläge, Bewaffnete in Uniformen – in dieser Umgebung ist der heute 24-Jährige aufgewachsen. Die Deutschen, unter denen er sich nun wohlfühlt, können sich das alles kaum vorstellen. „Manchmal träume ich davon“, sagt Yahya Salman und strahlt gleich wieder.

Das Musikvideo zu „Ich lieb dir/Ich liebe dich“:

„Fremdenfeindlichkeit hab’ ich noch nicht gespürt“

Der junge, knapp 170 Zentimeter große Mann ist das, was man eine Frohnatur nennt. Er lächelt sich durchs Leben. Sein Smiley-Gesicht ist nicht aufgesetzt. Yahya meint es ehrlich, wenn er die positiven Dinge herausstellt, die er seit seiner Flucht vor sechs Jahren in Deutschland erlebt hat.

„Fremdenfeindlichkeit hab’ ich noch kein einziges Mal gespürt“, versichert er, „die Deutschen sind sehr nett.“ Der Popsänger, der 2015 in der Sendung von „Deutschland sucht den Superstar“ zu den Lieblingen von Dieter Bohlen zählte, hat vom Erstarken der Rechtspopulisten gehört, seit die Bundeskanzlerin den berühmten Satz „Wir schaffen das“ sprach. Doch aus dem Alltag kennt er Ressentiments nicht. Yahya ist sehr ehrgeizig. Kaum, dass er mit 18 Jahren in Deutschland angekommen war, lernte er die Sprache in harter Schule. Die Fallstricke der Grammatik trug er mit Humor – und sie sind obendrein für etwas gut, wie sich jetzt in seinem hoch gelobten Song zeigt, der sich zum Tanzen und zum Träumen eignet.

Alle Familienmitglieder sind als politische Flüchtlinge anerkannt

„Ich liebe dir/ich liebe dich“ ist eine Mischung aus deutscher und englischer Sprache, aus korrekten und fehlerhaften Sätzen, aus europäischer und arabischer Musik. Der Bassist Benni Jud, Lebenspartner des Stuttgarter YouTube-Stars und der Sängerin Jenny Marsala, hat ihm geholfen, die Komposition auf ein musikalisches und radiotaugliches Fundament zu stellen.

„I come from a thousand miles away“, so beginnt das Lied, „where people drink hot tea in very hot day.“ Yahya kommt aus einem Land, das weit weg ist, in dem man an heißen Tagen heißen Tee trinkt. Vom zerstörerischen Krieg singt er nicht, über dessen Hitze in Straßenkämpfen lässt er sich nicht aus.

Seine Familie ist mit ihm geflohen. Die Mutter war im Irak Grafikdesignerin, heute jobbt sie bei Bosch. Der Vater ist gelernter Ingenieur, der nun beim Landratsamt Böblingen Arbeit gefunden hat. Der Bruder studiert Regie in Berlin und hat das Video für den Song „Ich liebe dir/Ich liebe dich“ gemacht. Alle Familienmitglieder sind als politische Flüchtlinge anerkannt und richten sich darauf ein, in Deutschland zu bleiben, da der Krieg in der Heimat noch nicht beendet ist.

Yahya Salman hat es geschafft, von der Musik zu leben. Wenn er nicht bundeswet seine eigenen Songs vor Publikum spielt, tritt er bei Hochzeiten auf oder begleitet Jenny Marsala als Backgroundsänger.

Gänsehaut-Momente beim CSD-Konzert auf dem Marktplatz

Mit Jenny erlebte der 24-Jährige kürzlich Gänsehaut-Momente, die er nicht vergessen wird. Auf dem rappelvollen Marktplatz spielte die Marsala-Band beim Stuttgarter Christopher Street Day (CSD). Die Sängerin hatte eine Botschaft, die sie zu Beginn des Konzertes eindrucksvoll vortrug: „No matter gay, straight or bi, lesbian, transgender life, I’m on the right track, baby, I was born to survive.“ Die sexuelle Orientierung spiele keine Rolle, sagte sie. Auch auf die Hautfarbe und Herkunft komme es nicht an, fuhr sie fort und erklärte laut: „I’m on the right track, baby, I was born to be brave.“ Geboren, um mutig zu sein – für Yahya Salman trifft dies zu. Ein Flüchtling ist Teil einer Vielfalt, die eine Stadt reicher macht. Wer den jungen Iraker singen hört, zweifelt nicht daran.