Staunen als Lebenshaltung: Die Schriftstellerin Yoko Tawada ist die erfolgreichste Grenzgängerin zwischen Europa und dem fernen Osten. Den Raum zwischen den Kulturen macht sie zum sinnlichen Erlebnis. Am Montag ist sie im Literaturhaus Stuttgart zu Gast.

Stuttgart - Die Milch macht’s. Yoko Tawadas Bemerkung über die in Südostasien weit verbreitete Laktoseintoleranz gehört zu den am häufigsten zitierten Sätzen der deutsch-japanischen Autorin: „Europa ist, wenn alle Milch trinken, ohne zu erbrechen.“ Nach dreieinhalb Jahrzehnten in Deutschland hat sich Tawada offenbar weitgehend in das hiesige Ernährungssystem eingegliedert. „Käse und Joghurt vertrage ich sehr gut, nur bei Frischmilch habe ich noch Probleme.“ Dass sie auf der schattenkühlen Marbacher Hotelterrasse Mineralwasser bestellt, hat dagegen einen anderen Grund. Sie liebt das Wort: „Mineralwasser, Mineralwasser, Mineralwasser!“ Dreimal wiederholt sie es. Als sie anfing Deutsch zu lernen, habe sie sich die eigentlich schwierige Vokabel sofort merken können. „Es klang so erfrischend für mich, wie flüssiges Kristall, das aus dem Gestein sprudelt, ganz anders als der japanische Begriff für Wasser.“