Besser kann’s keiner: die Youtube-Stars Y-Titty und Die Lochis haben das Product-Placement perfektioniert – und ihren Reichtum gemehrt. An der Werbung verdienen sie kräftig mit.
Stuttgart - Eine Coke muss es sein. Jene koffeinhaltige Brause, deren Rezept strenger bewacht wird als jedes andere Markengeheimnis der Welt. Die Jungs von Y-Titty könnten sich eine Coke aus dem Automaten ziehen, wie man das aus der Werbung kennt. Doch Y-Titty, das sind die neuen Stars aus dem Internet, die Lieblinge von Youtube, dem Videoportal von Google, dem beliebtesten sozialen Netzwerk der Jugend. Und wenn Philipp Laude, 23, Matthias Roll, 22, und Oguz Yilmaz, 21, für Coke werben, darf es nicht nach Werbung aussehen. Für ihren Coke-Werbespot hat eine Firma den Coke-Teil-O-Mart gebaut, eine Maschine, die wie eine lebensgroße Murmelbahn funktioniert. Bevor die Coke von einem Stoffhasen gereicht wird, hat sich ein wundersames Räderwerk aus Bällen, herabstürzenden Dosen und umgekippten Karten in Gang gesetzt. Anderes Medium, andere Werbung.
Y-Titty ist die englische Verballhornung von Youtube-Dummies. Der Name atmet Pioniergeist – und Pioniere sind die Jungs aus dem mittelfränkischen Hilpoltstein ja auch. Erst haben sie kleine Filme mit Parodien von bekannten Popsongs gedreht, dann ihre eigenen Tracks gebastelt und ins Internet gestellt. Clips, die sich Schüler in der Pause auf ihrem Smartphone herunterladen. 440 Millionen Mal wurden ihre Videos inzwischen abgerufen. 2,8 Millionen Fans haben ihre Kanäle abonniert. Y-Titty funktionieren als Marke aber nicht nur im Netz. Gerade sind sie von ihrer ersten Deutschlandtournee zurückgekehrt. Ausverkaufte Konzerte, Teenager am Rande der Ohnmacht. Und den Musikpreis Echo für das beste Video haben sie auch kassiert.
Die neuen Sympathieträger
Deutschland sucht den Superstar? Das Internet hat ihn längst gefunden. Logisch, dass auch die Werbewirtschaft auf den Zug aufspringt, der voll beladen ist mit neuen Sympathieträgern – eben mit Stars, die bei ihren Fans deshalb ein so hohes Vertrauen genießen, weil sie als authentisch gelten. Und prompt stehen Y-Titty wegen mutmaßlicher Schleichwerbung am Pranger.
Es geht um einen von Samsung gesponserten Videoclip. Die Jungs reisen für den Elektronikkonzern zu einem Musikfestival. Sie werfen eines seiner Handys auf den Boden, um zu zeigen, wie stabil es ist. Das ARD-Magazin „Report“ wirft den Machern jetzt vor, sie hätten Inhalt und Werbung nicht sauber voneinander getrennt. Doch wie soll das funktionieren? Werbung im Internet funktioniere eben anders als im Fernsehen, nämlich „Content-driven“, erklären Experten. Das Produkt selber erzählt eine Geschichte. Es wird spielerisch in den Clip integriert.
Schleichwerbung bei Youtube? Die Nachricht hat einen Schatten auf die boomende Branche geworfen. Der Umfang des neu eingestellten Materials habe sich seit 2010 mehr als verdoppelt, heißt es bei Youtube – und die Anfänger werden dabei immer jünger, sagt Christoph Krachten, Geschäftsführer von Mediakraft in München, dem größten Online-Video-Vermarkter im deutschsprachigen Raum. Philipp Laude von Y-Titty ist einer der Gründer. Mediakraft sagt, mit seinen 1000 Kanälen erreiche es jeden Monat 14 Millionen Nutzer.
Comedy-Clips als Werbeköder
Comedy, Musik, Sport, Beauty & Fashion: das sind die Themen der Digital Natives. Jungen Talenten öffnet das Spielplätze. „Die Lochis“ nennen sich Heiko und Roman Lochmann, 14-jährige Zwillinge, die noch in der Clerasil-Phase stecken, aber schon kräftig an den vor ihren Videoclips geschalteten Werbespots mitverdienen. Samstag ist Lochis-Tag. Dann laden die beiden in ihrem Kinderzimmer einen neuen Kurzfilm auf den eigenen Youtube-Channel hoch. Und mehr als 600 000 Abonnenten warten, den Finger klickbereit für den Like-Button. Auch dieses direkte Feedback unterscheidet die Stars aus dem Web von TV-Akteuren. „Wir sind like-geil“, sagt Heiko, also gierig nach Klicks. Auch „Die Lochis“ sind jetzt bei Mediakraft unter Vertrag.
Nutzt das Unternehmen die Authentizität seiner Stars für PR-Zwecke aus? Der Mediakraft-Sprecher Moritz Meyer sagt, Sponsoren würden in jedem Fall erwähnt, so schreibe es das Telemediengesetz vor. In welcher Form aber Product-Placement gekennzeichnet werden muss, lässt das Gesetz offen. Bei Mediakraft könnten User eine Infobox unter dem Video öffnen, nach unten scrollen und Namen von Sponsoren finden. Der Coke-Spot von Y-Titty endet damit, dass einer der Jungs Coca-Cola explizit als Sponsor erwähnt.
Laut Moritz Meyer will Mediakraft künftig an Anfang und Ende der Clips das PP für Product-Placement einblenden. Im Fernsehen und bei anderen Online-Vermarktern ist das längst üblich. Ob das junge Konsumenten misstrauisch macht, darf jedoch bezweifelt werden. Denn gibt es authentischere Werbeträger als die netten Jungs von nebenan?