Auf Youtube kritisiert der Waiblinger Pfarrer Bernhard Elser den staatlichen Druck beim Impfen gegen Corona. Dabei hatte er sogar das Nazi-Regime als Vergleich herangezogen. Die Evangelische Landeskirche hat dennoch nichts gegen ihn in der Hand.

Waiblingen - Der Pfarrer Bernhard Elser darf weiterhin im Waiblinger Teilort Hegnach arbeiten. Nachdem der 40-Jährige ein Video hochgeladen hat, in dem er die Corona-Maßnahmen verklausuliert mit dem Nazi-Regime vergleicht, hat der Personalrat der evangelischen Landeskirche in Württemberg die Worte des Gottesmanns geprüft. Wohl weil Bernhard Elser in dem fünfminütigen Video eher schwammige Vergleiche zieht, gibt es aus arbeitsrechtlicher Perspektive vorerst offenbar keinen Grund zur Beanstandung. Dennoch kritisiert die Landeskirche Elsers Worte als „ideologische Stimmungsmache“.

 

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„In dem Beitrag werden assoziativ rechtsstaatliche Maßnahmen mit einem totalitären System in Verbindung gebracht“, sagt Dan Peter, der Sprecher der Landeskirche. „Fakt ist: Durch Pfarrer Elser geschieht eine kritische Überbewertung des Heute und damit automatisch auch eine Unterbewertung des Gestern.“ Aus den Worten des Kirchensprechers wird deutlich: Bernhard Elser sollte künftig vorsichtig sein mit dem, was er verkündet. „Wenn durch einen Pfarrer die Grenzen der freien Meinungsäußerung überschritten werden oder gar dazu aufgerufen wird, sich staatlich angeordneten Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung zu widersetzen, wird die Landeskirche gegebenenfalls zusammen mit den staatlichen Organen, dienstrechtlich einschreiten“, kündigt Kirchensprecher Dan Peter an.

Landeskirche könnte dienstrechtlich einschreiten

Generell rufe die Kirchenleitung alle verantwortlich Mitarbeitenden dazu auf, sich impfen zu lassen und allen vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen nachzukommen. „Die Synodalpräsidentin Sabine Foth und der Landesbischof Frank Otfried July grenzen mit ihrem Aufruf zur Impfung nicht aus, sondern appellieren unter Abwägung von Freiheit und Fürsorge an die christliche Verantwortung gegenüber den Nächsten.“ Man habe besonders die Intensivstationen und das hoch belastete Pflegepersonal im Blick.

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Das Video namens „. . . die einzige und totale Ordnung menschlichen Lebens . . .“ wurde über das Wochenende mehr als 3000 Mal angeklickt. Inzwischen wurden die Worte des Pfarrers vielfach kommentiert. Darunter ist durchaus Lob. So schreibt ein Nutzer: „Seit Luther das erste Mal, dass ein Kirchenmann den Mut hatte, gegen den Strom zu schwimmen und seinem Gewissen zu folgen. Großer Respekt dafür! Hätten mehr Pfarrer so viel Rückgrat, würde ich in die Kirche zurückkehren.“ Andere Nutzer werfen Bernhard Elser „Querdenkerwahn“, „wirres Geschwätz ohne Substanz“ oder „eine unerträgliche Geschichtsglättung zugunsten der eigenen Ideologie“ vor.

Viel Lob unter dem Youtube-Video

Mit dem Video auseinandergesetzt hat sich auch Timmo Hertneck, der Dekan des Kirchenbezirks Waiblingen. Für ihn ist die Rede schlicht „unerträglich“ – auch wenn der Hegnacher Pfarrer eine ausdrückliche Bezugnahme zur aktuellen Corona-Politik vermeidet. „Die Bildsprache der am Sturm-Himmel wehenden Deutschlandflagge auf einem mir nicht bekannten Monumentalbau spricht die Bildsprache der absoluten Rechtsradikalen“, heißt es in der Stellungnahme des Dekans. Auch wenn der Pfarrer es nicht explizit ausspreche, ist laut Hertneck zu befürchten, dass Elser den Volkstrauertag zur Verbreitung der querdenkerischen These eines sich angeblich abzeichnenden totalitären Staats benutzt.

Fest steht für Timmo Hertneck, dass die heutige Situation keineswegs mit der Machtübernahme des Nazi-Regimes zu vergleichen ist. „Unsere epidemische Notlage hat nichts mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933 zu tun“, stellt er klar. Er verweist auf den biblischen Auftrag, im Wohlergehen des Nächsten den Maßstab des eigenen Handelns zu sehen – und deshalb eine Impfung zu begrüßen. Die „hinter querdenkerischem Denken stehende Vorstellung eines ungehemmten Auslebens der persönlichen Freiheit“ ist aus Sicht des Dekans höchst problematisch: „Es gibt eben kein Grundrecht, Menschen zu schädigen und auch kein Recht darauf, billigend in Kauf zu nehmen, dass Menschen angesteckt werden oder Intensivstationen überfordert sind“, schreibt er in seiner Stellungnahme.

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