Erst am Montag wurde Russland dazu verurteilt, die früheren Yukos-Eigentümer mit 50 Milliarden US-Dollar zu entschädigen, jetzt legt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg nach.

Erst am Montag wurde Russland dazu verurteilt, die früheren Yukos-Eigentümer mit 50 Milliarden US-Dollar zu entschädigen, jetzt legt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg nach.

 

Straßburg - Innerhalb weniger Tage ist Russland wegen seines Vorgehens gegen die früheren Eigner des Ölkonzerns Yukos erneut zu einer Entschädigung in Milliardenhöhe verurteilt worden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg sprach den früheren Aktionären am Donnerstag eine Entschädigung in Höhe von knapp 1,9 Milliarden Euro zu. Russland kritisierte die Verurteilung als „ungerecht“.

Im Gegensatz zum Urteil des Ständigen Schiedsgerichtshofes in Den Haag sehen die Straßburger Richter keinen politischen Zusammenhang hinter der Yukos-Zerschlagung. In Straßburg wurden Fehler im russischen Steuerverfahren gegen Yukos geahndet. Wie in den Niederlanden ist auch der Spruch in Straßburg gerichtlich anfechtbar.

Das Verfahren sei ein Beispiel für eine „parteiische Herangehensweise“, teilte das Justizministerium in Moskau mit. Die Richter hätten bisher im Yukos-Fall die Rechtmäßigkeit der russischen Gerichtsurteile bestätigt. Das jetzige Urteil stelle Russlands nationales Recht infrage, selbst die Strafe bei Gesetzesverstößen festzulegen.

Die Ex-Eigentümer hatten in Straßburg eine Entschädigung von rund 71 Milliarden Euro gefordert. Sie warfen Russland eine unrechtmäßige Zwangsenteignung zur eigenen Bereicherung vor.

Der Gerichtshof in Straßburg hatte bereits 2011 über das russische Steuerverfahren gegen Yukos geurteilt und dabei das Vorgehen als insgesamt rechtens angesehen. Über die Schadenersatzforderung wollte das Gericht damals nicht entscheiden, um eine mögliche Einigung zwischen Yukos und der russischen Regierung abzuwarten. Dazu fiel jetzt das Urteil.

Gericht: Auflösung politisch motiviert

Erst am Montag hatte der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag Russland eine Rekordentschädigung von gut 37 Milliarden Euro abverlangt. Die Auflösung von Yukos sei politisch motiviert gewesen, hieß es in dem Schiedsspruch.

2011 hatte der Straßburger Gerichtshof entschieden, die Yukos-Steuerschulden seien „Ergebnis legitimer Verfahren der russischen Regierung, um der Steuerhinterziehung des Unternehmens entgegenzutreten“. Damit wies Straßburg Vorwürfe der Ex-Aktionäre über einen politischen Hintergrund der Steuerverfahren zurück.

Die ehemaligen Eigentümer hatten Russland beschuldigt, das Unternehmen in den Ruin getrieben zu haben, um es zu zerschlagen. Es gebe keine Hinweise, dass „Russland diese Steuerverfahren gegen Yukos dazu missbraucht hätte, um das Unternehmen zu zerstören und alle Aktiva des Konzerns unter seine Kontrolle zu bringen“, befand der Gerichtshof in Straßburg vor drei Jahren.

Im nun entschiedenen Schadenersatzverfahren befand der Gerichtshof zwei von Yukos bezahlte Strafen im Steuerbescheid sowie eine Vollstreckungsgebühr für unrechtmäßig. Dafür sprachen sie den alten Eignern insgesamt knapp 1,9 Milliarden Euro Entschädigung zu. Wegen mangelnder Grundlagen nicht beurteilen wollte der Gerichtshof die Frage, welche Folgen die kritisierte eilige Umsetzung des russischen Steuerverfahrens gegen Yukos für das Unternehmen insgesamt hatte.

Der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag hatte dagegen am Montag geurteilt, vorrangiges Ziel sei es nicht gewesen, ausstehende Steuern einzutreiben, sondern den Konzern in den Bankrott zu treiben. Russland hatte angekündigt, die Verurteilung zu gut 37 Milliarden Euro Schadenersatz juristisch anzufechten. Der Betrag macht mehr als zehn Prozent der russischen Währungsreserven aus.

Der Konzern des früheren Yukos-Eigners Michail Chodorkowski war Anfang des Jahrtausends aufgelöst worden. Der russische Staat und Gerichte hatten dem einst reichsten russischen Ölmagnaten und mehreren seiner Geschäftspartner schwere Wirtschaftsstraftaten vorgeworfen. Chodorkowski lebt nach einer zehn Jahre langen Lagerhaft heute in der Schweiz.