Stier Ernst hat die Kuh Yvonne bisher nicht aus dem Waldstück locken können. Tierschützer vermuten, dass der Wildtierinstinkt zurückkommt.

Mühldorf am Inn - Scheinbar gelangweilt schaut Stier Ernst am Samstagmittag in die Fichten. Seit Tagen steht er am Rand des oberbayerischen Waldstücks und soll die geflohene Problemkuh Yvonne anlocken. Aber statt zu brüllen, steht er nur da und kaut Gras. Doch nicht nur Ernst geht die Suche gelassen an. Elf Wochen, nachdem Yvonne in den Wald ausgebüxt ist, verläuft die Suche nach ihr im Landkreis Mühldorf am Inn eher unaufgeregt.

 

Ein fünfköpfiger Suchtrupp ist tagsüber unterwegs. Laut Britta Freitag vom Gut Aiderbichl wurden am Wochenende frische Spuren gefunden, die darauf hindeuten, dass Yvonne zu einer Wasserstelle gegangen ist. An der Straße, die an den Wald grenzt, stehen Wachtposten, die Autofahrer anweisen, langsamer zu fahren. Ein Zaun soll zusätzlich verhindern, dass Yvonne auf die Straße läuft und womöglich in ein Auto kracht.

Fans bei Facebook

Die bayerische Kuh Yvonne ist inzwischen nicht nur bundesweit ein Thema in den Medien, auch international wird das Tier immer bekannter. In dem sozialen Netzwerk Facebook hat die entflohene Kuh zahlreiche Fans gefunden. Mehr als 11.600 Netzwerker haben bei der Gruppe "Rettet Yvonne die Kuh" ihre Unterstützung für das Tier, das wie ein Reh leben will, signalisiert.

Die "Bild"-Zeitung setzte zudem eine Belohnung in Höhe von 10.000 Euro für die Rettung Yvonnes aus. Viele Kuhgeldjäger waren am Samstag allerdings nicht unterwegs. "Keine 15" habe er gesehen, sagt Hans Wintersteller, Anführer des Suchtrupps. Er ist Verwalter des Guts Aiderbichl, auf dessen Gnadenhof die Kuh ihren Lebensabend verbringen soll. Auch am Sonntag blieb ruhig, sagt Winterstellers Mitarbeiterin Britta Freitag: "Wir sind froh, dass dem so ist."

Weder die eigens aufgestellte Futterstation im Wald noch Stier Ernst hatten bis jetzt Erfolg bei Yvonne. Denn in freier Wildbahn kommt Yvonnes Wildtierinstinkt zurück, sagt Tierschützerin Sieglinde Einmayr. Mittlerweile kenne sich Yvonne gut in dem Gebiet aus. Sobald wieder Suchtrupps in den Wald gingen, könne sich die Waldkuh Yvonne auf ihre untrüglichen Ohren verlassen. "Die Kuh geht kurz raus, lässt uns durchgehen und geht hinten wieder in den Wald rein", mutmaßt Einmayr.

Trotz des Interesses der Medien bleiben die Suchenden vor Ort gelassen. Hans Wintersteller und Heino Krannich, der auch zum Suchtrupp gehört, sitzen am Samstag vor einer Holzhütte am Waldrand, zwischen ihnen stehen Pizzakartons. Später wollen sie losziehen und erneut versuchen, Yvonne mit einem Betäubungsgewehr zu stellen. "Der Zufall muss sie uns auf den Weg stellen", sagt Krannich.

Sohn soll Mutterinstinkte wecken

In einigen Tagen könnte auch Yvonnes Sohn Friesi am Waldrand stehen und an den Mutterinstinkt der Kuh appellieren. Michael Aufhauser, Gründer des Guts Aiderbichl, hat Friesi in einer Maststation bei Salzburg ausfindig gemacht. Friesi und Yvonne haben zwei Sommer zusammen verbracht. "Niemals kann eine Mutterkuh ein Kalb vergessen, mit dem sie eine solch lange Zeit verbracht hat", sagen die Tierschützer. Sie gaben zudem bekannt, dass das Landratsamt die Abschussanordnung für Yvonne ausgesetzt hat.


Flucht

Die sechs Jahre alte Milchkuh ist am 24.Mai von einem Bauernhof in Oberbayern entwischt. Dorthin war sie gerade erst verkauft worden. Nach dem Ausladen aus dem Transporter verschwand sie.

Pläne

Ob die Kuh geschlachtet werden sollte, ist unklar: Nach Angaben des Bauern war dies nicht geplant. Mittlerweile hat die Gut-Aiderbichl-Initiative die Kuh gekauft. Sie betreibt einen Gnadenhof, auf dem Yvonne ihren Lebensabend verbringen soll.