Die Arbeitsmarktzahlen sind gut, die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Trotz einer festen Stelle gehen aber immer mehr Menschen nach Feierabend zum Beispiel in den Supermarkt – hinter die Kasse.

Stuttgart/Nürnberg - Immer mehr Menschen in Deutschland gehen zusätzlich zu ihrem Hauptberuf einem Nebenjob nach. Laut Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit gingen im Dezember 2016 insgesamt fast 2,7 Millionen Arbeitnehmer im Nebenjob einer geringfügigen Beschäftigung nach. Mehr als die Hälfte der angestellten Nebenjobber macht den Minijob zusätzlich zur Vollzeitbeschäftigung. In den vergangenen Jahren habe es einen starken Anstieg bei Nebenjobbern gegeben, sagte der Forscher Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB): „Seit den Hartz-Reformen hat sich die Zahl mehr als verdoppelt.“ 2003 gingen 1,2 Millionen Menschen im Nebenberuf einem Minijob nach. In Baden-Württemberg ist die Zahl der Beschäftigten mit Nebenjob laut BA-Regionaldirektion im gleichen Zeitraum von 225 000 auf 480 000 gestiegen.

 

Vor allem Menschen mit einem unterdurchschnittlichen Verdienst im Hauptjob hätten einen zusätzlichen Minijob, meint der Forscher. Doch nicht immer sei die finanzielle Not der Grund. Viele empfänden die geringen Abgaben auch als praktisch, denn „brutto ist wie netto“.

Heute hilfreich, für die Zukunft kritisch

Geringfügige Nebenbeschäftigungen auf 450 Euro-Basis wurden durch die Hartz-Reformen begünstigt: Minijobber zahlen mit Ausnahme der Rentenversicherung keine Sozialabgaben – von der Rentenversicherung kann man sich aber befreien lassen „und das tun auch die meisten“, so Weber. Was heute aus finanzieller Sicht hilfreich sei, könne für die Zukunft aber kritisch sein.

Trotz guter Konjunktur ist das Armutsrisiko nicht gesunken. Besonders betroffen sind Erwerbslose und Alleinerziehende. Das Armutsrisiko ist im Südwesten bundesweit am geringsten. Laut Statistischem Bundesamt sind 11,9 Prozent der Menschen im Land gefährdet, in die Armut abzurutschen.