Von einer Waffenruhe ist man im Gazastreifen nach wie vor weit entfernt. Die blutigen Kämpfe gehen unvermindert weiter, die Zahl der Toten ist mittlerweile auf über 500 gestiegen. Der Gaza-Krieg geht bereits seit mehr als zwei Wochen.

Von einer Waffenruhe ist man im Gazastreifen nach wie vor weit entfernt. Die blutigen Kämpfe gehen unvermindert weiter, die Zahl der Toten ist mittlerweile auf über 500 gestiegen. Der Gaza-Krieg geht bereits seit mehr als zwei Wochen.

 

Gaza/Tel Aviv - Der Gaza-Krieg hat in zwei Wochen schon mehr als 500 Tote gefordert und droht immer blutiger zu werden.

Zusehends entwickelt sich die israelische Bodenoffensive gegen militante Palästinenser im Gazastreifen zu einem verlustreichen Häuserkampf. Es könnten noch schwere Tage bevorstehen, kündigt der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Ausweitung der Offensive an.

Der UN-Sicherheitsrat forderte eine Feuerpause und den Schutz von Zivilisten. "Wir sind sehr besorgt um die Zivilisten im Kampfgebiet", hieß es in New York. US-Außenminister John Kerry wurde angesichts der dramatischen Lage zu neuen Vermittlungsbemühungen in Kairo erwartet.

Radikale Palästinenser feuern weiter Raketen auf Israel ab - am Montag heulten erstmals seit drei Tagen wieder die Sirenen in Tel Aviv. Nach Angaben der israelischen Armee wurden zwei Raketen über Tel Aviv und drei Raketen über Aschdod abgeschossen. Die Hamas teilte mit, sie habe vier Raketen des Typs M-75 auf Tel Aviv abgefeuert.

In Gaza wurden allein im dicht bewohnten Viertel Sadschaija bei Gefechten in der Nacht zehn Hamas-Kämpfer getötet, wie der israelische Militärsprecher Peter Lerner mitteilte. Mindestens zehn weitere bewaffnete Palästinenser wurden demnach bei einem versuchten Anschlag getötet. Sie waren durch Tunnel aus dem nördlichen Gazastreifen nach Israel vorgedrungen, wie es hieß.

In Sadschaija seien mehrere Tunnel gefunden worden, sagte Lerner. Die Tunnel führen unterirdisch auf israelisches Gebiet und sollen für Anschläge und Entführungen genutzt werden. Auch Raketen werden häufig aus den dicht besiedelten Wohnvierteln auf Israel abgefeuert. Seit Beginn des Bodeneinsatzes am Donnerstag nahm die Armee nach eigenen Angaben 20 Palästinenser fest.

Auf israelischer Seite übersteigt die Zahl der Toten bereits die Verluste bei der Operation "Gegossenes Blei", die im Januar 2009 endete. Damals waren zehn Soldaten und drei Zivilisten getötet worden, heute sind es bereits 18 Soldaten und zwei Zivilisten.

Zu Berichten der radikal-islamischen Hamas über einen entführten israelischen Soldaten sagte Militärsprecher Lerner: "Wir können es nicht ausschließen." Man prüfe den Vorfall weiter. Der israelische UN-Botschafter Ron Prosor hatte die Angaben der Hamas, die auch den Namen und eine persönliche Erkennungsnummer veröffentlichte, vorher als unwahr dementiert.

Die Bundesregierung appellierte an Israelis und Palästinenser, bei den Kämpfen im Gazastreifen Zivilisten zu verschonen. Es seien bereits viel zu viele Unschuldige ums Leben gekommen, erklärte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, im Namen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Berlin. "Uns geht es darum, dass von beiden Seiten alles unternommen wird, Opfer unter Zivilisten zu vermeiden" - und dass die Kämpfe möglichst schnell beendet würden.

Nach gescheiterten Friedensinitiativen und andauerndem Beschuss aus dem Gazastreifen hatte Israel am 8. Juli mit Luftangriffen auf Ziele der radikal-islamischen Hamas begonnen. Am 17. Juli startete Israel seine Bodenoffensive in dem Palästinensergebiet am Mittelmeer. Bis Montagmittag wurden allein auf palästinensischer Seite 509 Menschen getötet; mindestens 3300 wurden nach palästinensischen Angaben verletzt. Unter den Opfern sind auch zahlreiche Frauen und Kinder.

Zuletzt kamen bei einem israelischen Luftangriff in Rafah im südlichen Gazastreifen neun Mitglieder einer Familie ums Leben. Unter den Opfern seien vier Minderjährige, teilten die Rettungsbehörden mit.

US-Außenminister Kerry wollte in die Region reisen, um eine Feuerpause im Gaza-Konflikt zu unterstützen. Das kündige das Außenministerium in Washington an. Auch fünf Friedenspreisträger des jüdisch-arabischen Instituts für Verständigung "Givat Haviva" riefen die Konfliktparteien im Nahen Osten zu einem Ende der Gewalt auf.

Die Politikwissenschaftlerin Helga Baumgarten von der Universität Bir Seit bei Ramallah sprach sich für Verhandlungen mit der Hamas aus. Zugleich warnte sie im Deutschlandradio Kultur vor einer Radikalisierung jüngerer Palästinenser. Wegen der Verschärfung der israelischen Besatzungspolitik hätten sich in den vergangenen Jahren jüngere Menschen von der Hamas abgespalten und seien in Richtung dschihadistisch-salafistische Organisationen gegangen, sagte die deutsche Politikwissenschaftlerin. Diese jungen Menschen wollten nur noch mit Gewalt gegen einen "untragbaren Zustand" rebellieren.