Die Bundesregierung ordnet ein Revision bei der Asylbehörde an, weil dort schlampig gearbeitet wurde.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Alle Asylbescheide alleinreisender männlicher Flüchtlinge im Alter zwischen 18 und 40 Jahren werden aus Sicherheitsgründen einer Revision unterzogen. Dies hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch in Berlin angekündigt. Er reagierte damit auf erhebliche Mängel, die Stichprobenkontrollen nach dem Fall des rechtsradikalen Bundeswehroffiziers Franco A. ergeben hatten, der sich als Syrer ausgab, um einen Anschlag zu begehen. Die Order des Ministers betrifft 80 000 bis 100 000 Asylverfahren. Die Nachkontrollen beeinträchtigen die Arbeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) erheblich.

 

Die Bamf-Chefin Jutta Cordt räumte im Fall Franco A. „eklatante Fehler in jedem Verfahrensschritt“ ein. Der Innenminister sprach von einer „krassen Fehlentscheidung“. 2000 Asylakten afghanischer und syrischer Flüchtlinge wurden deswegen schon überprüft. Bei den Afghanen wurden die Asylbescheide in 46 Prozent der Fälle als nicht plausibel bewertet, bei den Syrern waren 18 Prozent der Entscheidungen mangelhaft. Dies ergibt sich aus einem internen Revisionsbericht, welcher dieser Zeitung vorliegt. „Es gab keinen Fall, in dem Sicherheitsstandards verletzt wurden“, betont Minister de Maizière.

Allerdings ergab die Revision, dass bei 28 Prozent der syrischen Asylbewerber und 29 Prozent der vermeintlichen Afghanen die Herkunft nicht hinreichend aufgeklärt wurde. Zumindest lässt sich das aus den Akten nicht ersehen. Hinsichtlich der beteiligten Mitarbeiter des Bamf heißt es: 84 Prozent des Personals bei den mangelhaften Anhörungen hätten „verkürzte Schulungen“ durchlaufen. Das treffe auch auf 71 Prozent der Angestellten zu, die über Asylanträge zu entscheiden hatten. Die Bamf-Belegschaft wurde seit 2015 von 2500 auf 10 000 Beschäftigte aufgestockt.

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach kritisiert, es sei „genau das passiert, was eigentlich vorhersehbar war“. Da die Bundesregierung eine „unüberschaubare Zahl“ von Flüchtlingen die Grenzen habe passieren lassen, sei es „kein Wunder, dass die Asylverfahren nicht mit der nötigen Sorgfalt erledigt werden konnten“. Bosbach warnt: „Aus dem Risiko ungeklärter Identitäten ergeben sich auch Sicherheitsrisiken.“ Stephan Mayer (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, fordert: „Wir sollten lieber längere Verfahren in Kauf nehmen, als Rabatt bei der Sicherheit zu geben.“

Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka nannte es beunruhigend, dass in der Asylbehörde mit solchen Fehlerquoten gearbeitet werde. Minister de Maizière warf er vor: „Er will die Fehler im Bamf bis zur Bundestagswahl unter der Decke halten.“ Irene Mihalic, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, rügt de Maizières Behauptung, wonach Franco A. ein Einzelfall sei: „Diese Bewertung kann sich als gefährlicher Kurzschluss erweisen.“