Auch wenn das digitale Bezahlen langsam an Gewicht gewinnt, greifen die Bundesbürger immer noch am häufigsten in der Geldbörse zu Scheinen und Münzen.

Frankfurt - Die Deutschen lieben das Bargeld. Sie ziehen Scheine und Münzen bei zwei Dritteln ihrer Einkäufe im Einzelhandel anderen Zahlungsformen vor. Das ist das Ergebnis einer Studie der Deutschen Bundesbank, die sie in Zusammenarbeit mit dem Einzelhandelsinstitut (EHI) durchgeführt hat. Nur 22 Sekunden dauert der Bezahlvorgang mit Barem an der Kasse im Supermarkt, nur 24 Cent muss der Händler dafür an Kosten verbuchen. Zwar stammen diese Zahlen aus einer Untersuchung, die das Institut bereits 2016 und 2017 gemacht hat, doch bestätigen sie einen Trend, den schon eine frühere Untersuchung aus dem Jahr 2014 ergeben hatte. Drei von vier der jährlich rund 20 Milliarden Transaktionen an den Handelskassen würden bar abgewickelt. Auch beim Umsatz liegt die Barzahlung mit etwas über 50 Prozent vor den Kartenzahlungen per EC- oder Kreditkarte. „Das ist nur eine kleine Verschiebung zu den Zahlen von 2014“, betonte Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann bei der Vorstellung der Studie am Dienstag in Frankfurt.

 

Weitere Untersuchung geplant

Eine mögliche größere Veränderung im Zahlungsverhalten könnten allerdings die kontaktlosen Zahlungsformen bringen, die zum Zeitpunkt der Untersuchung jedoch noch nicht aktiv waren. Mittlerweile kann man deutschlandweit in fast allen Supermärkten ohne Persönliche Identifikationsnummer (Pin) und Unterschrift einkaufen. Dafür hält man die technisch dafür ausgerüstete Karte oder das Handy einfach nur ans Kartenterminal an der Kasse. Das wurde in der Studie nur simuliert, eine genauere Untersuchung soll folgen, sagte Beermann. Demnach dauert das kontaktlose Bezahlen nur 15 Sekunden. Allerdings ist das nur bei geringen Summen bis 25 Euro möglich. Bei größeren Summen muss in der Regel weiterhin die Pin eingegeben oder unterschrieben werden, das dauert dann – so das Ergebnis der Untersuchung – doppelt so lange. Und damit würde dann auch das Zahlen mit dem Smartphone an der Kasse so lange dauern wie heute die Kartenzahlung mit Pin. Wenn der Kunde zusätzlich noch zur Unterschrift gebeten wird, dauert der Bezahlvorgang sogar fast 39 Sekunden.

Kosten wichtiger als die Zeit

Noch wichtiger als die Zeit sind für den Einzelhandel auch die Kosten, die mit den jeweiligen Zahlungsarten verbunden sind. Hier liegt wieder das Bargeld vorne. Gerade mal 24 Cent kostet eine Transaktion. Da es sich dabei jedoch meistens um kleinere Beträge handelt, sieht es im Vergleich zum Umsatz schon schlechter aus, mit 1,8 Prozent liegt das Bare am Ende fast gleichauf mit der Kreditkarte. Bei der Berechnung der Kosten haben die Wissenschaftler nicht nur den reinen Bezahlvorgang berücksichtig, sondern auch die Tätigkeiten, die mit der jeweiligen Zahlungsart zusammenhängen. Während beim Bargeld das abendliche Zählen des Kassenbestands sowie das Auffüllen mit Wechselgeld stärker ins Gewicht fallen, sind es bei den Karten eher die Transaktionskosten, die an die Kreditinstitute abgeführt werden müssen. Zu den Kosten zählen unter anderem Gebühren für Kartenanbieter, Kosten für das eigene Personal, Geldtransport sowie Anschaffung und Wartung von Kartenterminals. Die Gesamtkosten der Zahlungsverfahren belaufen sich für den Einzelhandel auf 5,432 Milliarden Euro jährlich.

Nimmt man die Ergebnisse der Bundesbank-Studie als Grundlage, gäbe es also gute Argumente für den Handel, das Bargeld weiter zu bevorzugen. Auch Beermann sieht in der Studie eine gute Grundlage für die weitere Diskussion über die mögliche Abschaffung von Bargeld, wie dies in skandinavischen Ländern bereits auf dem Weg ist. Mehr als die Hälfte der Verbraucher kann sich nach einer aktuellen Umfrage des Digitalverbands Bitkom nicht vorstellen, auf Bargeld zu verzichten. Zugleich wächst aber der Anteil derjenigen, die mit Karten und mobil mit dem Handy bezahlen: 44 Prozent der Bundesbürger würden nach eigener Aussage inzwischen auch komplett auf Scheine und Münzen verzichten.

Häufig Sicherheitsbedenken

Fast jeder Dritte hat der Umfrage zufolge schon mindestens einmal mit dem Handy oder einer Computeruhr bezahlt – vor allem im Supermarkt. „Schon bald werden sich auch bei uns digitale Bezahlformen durchsetzen“, prognostizierte Bitkom-Präsident Achim Berg jüngst. Das mobile, kontaktlose Bezahlen spare Zeit und reduziere lange Schlangen an Kassen oder Fahrkartenautomaten, warb Berg. Wer noch nicht mobil bezahlt, hat der Umfrage zufolge allerdings häufig Sicherheitsbedenken.

Der Widerstand gegen die komplette Abschaffung von Bargeld ist aber nach wie vor groß. Viele Bundesbürger sehen in der Barzahlung nicht nur eine sichere Form, sondern auch die einzige Möglichkeit, bei der nicht kontrolliert werden könne, wer wann was gekauft hat. Dies bedeute Freiheit, meint die Initiative Digitalcourage. Der für das Bargeld zuständige Bundesbank-Vorstand sieht es pragmatisch: „Der Bürger entscheidet, wie er zahlen will.“