Das meiste wird privat abgerechnet. Die Kassen wollen trotzdem mehr Einfluss darauf nehmen.

Berlin - Dass sie ihren Versicherten eine umfassende Versorgung auf dem neuesten Stand der Medizin bieten – auf diese Aussage legen alle gesetzlichen Krankenkassen allergrößten Wert. Von diesem Anspruch gibt es allerdings eine Ausnahme, wie der Spitzenverband der Kassen selbst einräumt. Weil die Kassen aufgrund einer Entscheidung der rot-grünen Bundesregierung beim Zahnersatz nur Festzuschüsse zahlen, spiele sich für die Kassenpatienten die eigentliche Versorgung mit Brücken oder Kronen auf einem anderen Feld ab. Dies ist zweifellos richtig. Denn alles, was über die Festzuschüsse hinausgeht, muss der Patient aus eigener Tasche zahlen. Dabei rechnet ein Zahnarzt direkt mit dem Patienten ab, und zwar nach der privatärztlichen Gebührenordnung der Zahnärzte (GOZ). Auf diesem Wege wickelten die Zahnärzte 2009 etwa 76 Prozent aller Leistungen für Zahnersatz ab.

 

Sehr zum Ärger der Zahnärzte will der Spitzenverband genau dies nun ändern. Er schlägt vor, dass die Kassen das Recht bekommen, bei der Gebührenordnung mit den Zahnärzten über deren Preise zu verhandeln – sprich: „Höchstsätze für die zahnärztlichen Leistungen nach der GOZ“ zu vereinbaren. Auf diese Weise, so Johann-Magnus von Stackelberg vom Kassenverband, könne Zahnersatz für die Patienten billiger werden. Wie groß die Entlastung ausfalle, lasse sich heute nicht beziffern.

Private Vereinbarung zwischen Arzt und Patient

Fest steht gleichwohl, dass ein Einfluss der Kassen auf die GOZ ein Novum wäre. Denn mit den privaten Gebührenordnungen – sei es die GOZ oder die Gebührenordnung, nach der die anderen Ärzte die Behandlung von Privatpatienten abrechnen – haben die Kassen bis jetzt nichts zu tun. Sie werden von den Bundesärztekammern mit dem Verband der privaten Krankenversicherung festgelegt. Dass die schwarz-gelbe Koalition dies ändert, ist nicht zu erwarten. Insofern ist der Vorstoß der Kassen ein Vorgriff auf die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl. Denn SPD, Grüne und Linkspartei ist die Trennung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung ein Dorn im Auge. Eine rot-grüne Bundesregierung würde darangehen, beide Systeme in einer „Bürgerversicherung“ zu verschmelzen, womit die privaten Gebührenordnungen hinfällig würden.

Fürs Erste hat der Änderungswunsch des Kassenverbands also keine konkreten Folgen. Es bleibt aber dabei, dass die Kassen in puncto Zahnersatz sehr wohl beraten können. Jeder Versicherte kann den Heil- und Kostenplan, den sein Zahnarzt erstellt, prüfen lassen. Das betrifft auch den Teil, für den er gemäß der GOZ bezahlen muss. Doch ist das nur ein Rat, weil der über die GOZ berechnete Teil als Vertrag zwischen Patient und Zahnarzt erfolgt. Kommt es zwischen beiden zum Konflikt – etwa, weil die Kosten am Ende höher ausfallen –, können ihn nur die beiden klären.