Andrea Sawatzki spielt die Hauptrolle in der ZDF-Verfilmung ihres Romans „Tief durchatmen, die Familie kommt“. Diverse Feiertagskrisen entwickeln sich darin zum Desaster.

Stuttgart - Es waren sicher nicht nur die roten Haare, die Andrea Sawatzki zu einer der bekanntesten deutschen Schauspielerinnen gemacht haben, aber natürlich sind sie ein Markenzeichen. Deshalb hat man bei der Lektüre ihres zweiten Romans, „Tief durchatmen, die Familie kommt“ (Piper-Verlag), auch automatisch die Autorin vor Augen – weil ihre Heldin Gundula Bundschuh ebenfalls rothaarig ist. Sawatzki räumt denn auch ein, dass dies kein Zufall gewesen und „ein kleiner Wunschgedanke“ mit im Spiel gewesen sei: „Die Produzentin Regina Ziegler ist meine Nachbarin, sie kannte Teile des Romans bereits , bevor er überhaupt fertig war, und hat gleich gesagt, dass sie ihn gern verfilmen möchte.“

 

Ob die turbulente Geschichte eines großfamiliären Weihnachtsfests, das komplett aus dem Ruder läuft, biografische Züge trägt? Die gebürtige Oberbayerin versichert, das sei „zum Glück alles erfunden, im Gegensatz zu den Bundschuhs sind wir ein ganz kleiner Haufen, der sich außerdem sehr gut versteht“. Die Schauspielerin lebt seit fast zwanzig Jahren mit ihrem Kollegen Christian Berkel zusammen, das mittlerweile verheiratete Paar hat zwei Söhne. Die Gundula allerdings, räumt sie ein, sei ihr beim Schreiben sehr nahe gewesen: „Einige Facetten ihres Charakters kenne ich sehr gut, zum Beispiel ihren Perfektionismus.“

Am Rande des Nervenzusammenbruchs

Die Hauptfigur der Geschichte ist vom Weihnachtsstress völlig überfordert und balanciert daher permanent am Rand des Nervenzusammenbruchs. Als ihr schließlich der Kragen platzt, liegt prompt alles in Trümmern: der familiäre Zusammenhalt, die häusliche Einrichtung und auch ihre Ehe. Das ist famos gespielt und perfekt besetzt. Bei Axel Milberg, mit dem Sawatzki schon einige Male gemeinsam vor der Kamera stand, hat man den Eindruck, dass ihm die Rolle des Ehemanns auf den Leib geschrieben ist. Aussuchen konnte sich die Schauspielerin ihre Filmpartner zwar nicht, aber sie durfte immerhin ihre Meinung äußern. Aus den Dreharbeiten hat sie sich ohnehin komplett rausgehalten: „Wenn man die Rechte an einem Buch abgibt, hat man kein Mitspracherecht mehr. Natürlich habe ich mit der Regisseurin Vivian Naefe über meine Rolle gesprochen, aber ansonsten muss man irgendwann einfach loslassen und die Entscheidungen der Verantwortlichen akzeptieren.“

Ein Detail war Sawatzki allerdings sehr wichtig: „Das Haus der Bundschuhs sollte auf keinen Fall eine feudale Villa sein. In Filmen leben die Menschen oft in Palästen, die sie sich gar nicht leisten können, weil man für die Dreharbeiten viel Platz braucht. Wir sind uns in dem kleinen Häuschen zwar dauernd auf die Füße getreten, aber jetzt hat der Film genau die richtige Atmosphäre.“ Da die Dialoge größtenteils aus dem Buch stammen, konnte sie zudem davon ausgehen, dass der Film nicht zu stark von dem Roman abweicht.

Die Filmrechte an ihren mittlerweile vier Romanen sind alle verkauft, darunter auch „Von Erholung war nie die Rede“. In dieser Fortsetzung zu „Tief durchatmen“ fährt die Familie Bundschuh gemeinsam in Urlaub. Einen dritten Bundschuh-Roman will Sawatzki demnächst angehen; es ist ihr Traum, „dass es eine Filmreihe wie einst über die Familie Hesselbach gibt“. Auf diese Weise hätte die Schauspielerin gleich zwei Standbeine. Andererseits kann die 51-Jährige sich über einen Mangel an Angeboten wahrlich nicht beklagen. Allein in den letzten zehn Jahren hat sie an über vierzig Filmprojekten mitgewirkt.

Ein breites Rollenspektrum

Tatsächlich werden ihr heute sogar noch mehr Rollen angeboten als früher, und die Bandbreite der Figuren ist größer geworden. „So etwas hängt auch immer davon ab, welche Rollen man vorher gespielt hat. Ich war zum Glück nie auf ein Genre festgelegt, weshalb ich für Krimis wie auch für Komödien besetzt werden kann. Die Frauen, die ich spiele, müssen nicht unbedingt hübsch sein.“ Tatsächlich ist das Spektrum, das die Filmografie von Andrea Sawatzki zu bieten hat, enorm. Es reicht von Klamauk („Erkan und Stefan“) bis zu intellektuell anspruchsvollen Rollen. In Komödien überzeugt sie genauso wie im Drama oder im Thriller. Einem größeren Publikum wurde sie ab 1995 durch „A. S.“ bekannt, eine der ersten Serien im Privatfernsehen. Endgültig in der ersten Liga etablierte sie sich an der Seite von Jörg Schüttauf als leicht verhuschte Frankfurter „Tatort“-Kommissarin Charlotte Sänger (2001 bis 2009); für die Rolle wurde sie mehrfach ausgezeichnet.

In „Tief durchatmen“ wird am Ende auf beinahe wundersame Weise fast alles gut. Es wäre aber wohl zuviel verlangt, glaubt Sawatzki, wenn man erwarten würde, dass sich die Zuschauer die Geschichte zu Herzen nehmen und den Vorsatz für ein friedliches Fest fassen. Zum Ausgleich hat sie einen Tipp für ein harmonisches Weihnachtsfest: „Man darf niemanden einladen, von dem man weiß, dass es garantiert Krach geben wird. Dann herrscht zwar vermutlich erst mal eine Weile Funkstille, aber vielleicht ändert sich auch langfristig etwas im gegenseitigen Umgang.“