„Die Innenministerkonferenz“ vom ZDF Magazin Royale ist eine satirische Hommage an den Whodunit, aber auch eine Abrechnung mit föderalem Kompetenzgerangel.

Ein abgelegenes Schlösschen im Herzen Ober-Bayerns. Der ideale Ort, um fern von Presse und Öffentlichkeit die 237. Innenministerkonferenz abzuhalten. Vor allem, nachdem alle Handys weggeschlossen und auch sonst alle Kommunikationskanäle gekappt wurden. Während sich die Herren Sachsen, Hamburg (Bernhard Schütz), NRW (Ole Fischer) und Bayern (Christoph Zrenner) schon auf eine Mordsgaudi mit viel Alkohol freuen, reist die neue Bundesinnenministerin (Lena Dörrie) mit ernsten Absichten aus Berlin an. Besonders im Bereich der digitalen Kriminalität habe man ein massives Problem mit der föderalen Struktur, findet die Vollblut-Politikerin und nicht minder engagierte Mutter.

 

Ein Zankapfel in der Runde, weil die Kolleginnen und Kollegen ihre Kompetenz in den Ländern natürlich nicht einfach aus den Klauen geben wollen. Alle sehen das so, nur Irene aus Schleswig-Holstein nicht. Bremen (Jan Böhmermann) ist ein bisschen solidarisch, aber nur, wenn die anderen es nicht so mitbekommen. Doch nach einem wilden Besäufnis in der ersten Nacht ist Schleswig-Holstein-Irene mausetot und das brave Bremen aus Angst vor den Kollegen blass um die Nase.

Wie es sich für einen waschechten Krimi mit Anleihen bei Agatha Christie gehört, geht die Sondersendung des ZDF Magazin Royale unter dem Titel „Die Innenministerkonferenz“ der Frage nach, wer in einem Haufen schwerst Verdächtiger der Mörder ist. Und aus welchem Motiv die heimtückische Tat geschah. „Whodunit“ (Wer hat es getan?) heißt das altbewährte Strickmuster, dessen sich Jan Böhmermann und die Autorin Carla Kaspari für den satirischen Krimi bedienen. Ästhetisch gibt es leise Ankläge an alte Edgar-Wallace-Streifen, was die Regisseurin Janna Nandzik ruhig hätte zuspitzen können. Die typische Gruselatmosphäre beschränkt sich hier auf ein paar Nebelschwaden und dezentes Wolfsgeheul.

Unterhaltsam und entlarvend

Im Gegensatz zu einigen der letzten ZDF-Magazin-Royale-Sendungen packt Böhmermann hier auch kein glühend heißes Eisen an. Statt brisanter Enthüllung oder beißender Kritik gibt es berechtigte Spitzen gegen reale Politiker, die Böhmermann und Kaspari mit ihren scheinbar rein fiktiven Figuren sicherlich nicht unbeabsichtigt karikieren. Die versammelten Damen und Herren sind allesamt Knalltüten mit seltsamen Hobbys, wie die Bundesinnenministerin aus ihren Exposés erfährt. Dass das Saarland Schnecken züchtet, ist da noch die geringste Macke. „Der bzw. die Mörder*in ist unter uns! Und es stinkt nach Kohl-Rouladen“, lautet im Verlauf der bewusst von den Anwesenden verschleppten Ermittlung eine sehr deutsche Erkenntnis der Bundesinnenministerin.

NRW will die Tote am liebsten in den Keller legen und beschwichtigt bei der Bundespressekonferenz leicht stotternd, man dürfe jetzt keine Schnellschüsse loslassen. Der Verweis auf einen Polizeieinsatz in Dortmund, bei dem am 8. August ein 16-jähriger Geflüchteter mit mehreren Schüssen aus einer Maschinenpistole von Beamten getötet worden war, ist nicht zu überhören. Auch wenn diese Sondersendung keine brisanten Neuigkeiten zu Tage fördert, ist der süffisante Blick auf das Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern mit allen negativen Effekten hinsichtlich staatlicher Handlungsfähigkeit so unterhaltsam wie entlarvend. Statt Robodogs bräuchte es ganz andere Instrumente, um Sicherheit zu gewährleisten. Es lohnt sich, darüber einmal laut nachzudenken.

Die Sendung ist in der ZDF-Mediathek verfügbar. Die nächste Ausgabe des ZDF Magazin Royale wird am 27. Januar 2023 ausgestrahlt.