Das ZDF versucht sich mit dem Datagrrl an einem interaktiven Krimiformat. Nach dem Start im TV kann der Zuschauer im Internet weiterrätseln.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Mainz - Überlegt euch gut, was ihr ins Netz stellt und mit wem ihr es teilt", sagt Jessica Richter alias Dina Foxx alias Datagrrl in einem Video auf der Internetseite freidaten.org. In Zeiten der Vernetzung und multiplen On- und Offline-Identitäten kommt die ZDF-Nachwuchsredaktion "Das kleine Fernsehspiel" am Internet nicht vorbei. Daher hat sie bei der Ludwigsburger Produktsfirma Teamworx den Krimi "Wer rettet Dina Foxx?" in Auftrag gegeben, der am Mittwoch spätabends zu sehen ist, anschließend im Internet weiterläuft und in drei Wochen mit einer erneuten TV-Ausstrahlung sein Ende findet.

 

"An seiner spannendsten Stelle", so das ZDF, breche der Film am Mittwoch ab, anschließend könne drei Wochen auf der bereits jetzt einsehbaren Seite freidaten.org sowie in diversen Twitter-Einträgen und Facebook-Profilen "weiter gerätselt" werden. Auf diese Weise können die Zuschauer zwar den Ausgang der Geschichte nicht beeinflussen, sollen aber über die Risiken der digitalen Vernetzung aufgeklärt werden - "Überlegt euch gut, was ihr ins Netz stellt".

Der Datenschutz ist das Hauptanliegen des ZDF

Das Internet war lange ein Hoffnungsträger auf dem Weg zum theoretisch interaktiven Fernsehen. Über Call-in-Shows oder die freie Auswahl aus diversen Kameraeinstellungen bei Sportübertragungen gingen die wenigsten Anbieter je hinaus: entweder, weil es zu teuer war oder weil die Zuschauer die lineare Unterhaltung bevorzugten. Fernsehen ist deshalb weiterhin die Domäne der Couch Potatoes.

Auch das ZDF hat daraus gelernt. Am Mittwoch versucht sich der Mainzer Sender daher an einem neuen Weg, den Gebührenzahler nach Ende der Sendung zu binden: Auf der Homepage zum Krimi wird der Plot zwar vertieft; wer will, kann auch mit eigenen Online-Recherchen kleinere und größere Rätsel lösen. Vor allem aber dient die Internetseite pädagogischen Zwecken zum Thema Datenschutz. Wer sich für den Gang zum PC nicht aufraffen kann, wartet einfach drei Wochen und kriegt dann (allerdings nur noch im ZDF-Infokanal) das Ende präsentiert.

"Nicht nur Formaterfahrung sammeln"

Beim ZDF hofft man dennoch auf eine ansehnliche Zahl von Zuschauern, die auf freidaten.org vorbeischauen. Schließlich schickt der Sender Dina Foxx nicht zufällig im Anschluss an das spanische Fußball-Pokalfinale auf die Suche nach den Gründen für den Tod ihres Freundes Vasco: Für die Mainzer ist Fußball, ebenso wie Datenschutz im Internet, eine Männerdomäne.

Natürlich geht es dem Zweiten nicht nur darum, "Formaterfahrung zu sammeln", wie ein Sprecher sagt. Der Sender wird genau beobachten, wie viele Zuseher die Geschichte online vertiefen und inwiefern sich das auch auf die Nutzung der ZDF-Mediathek auswirkt, wo der TV-Teil des Krimis die gesamten drei Wochen über vorgehalten wird. Auch hier sieht man beim ZDF offenbar Potenziale.

Ein Erfolgsformat täte dem Fernsehen gut

Freilich: der "experimentelle Charakter" dieses neuen Formats zeigt auch, dass das klassische Fernsehen immer noch nach dem richtigen Umgang mit dem Internet sucht. Die öffentlich-rechtlichen Sender waren mit ihren Mediatheken und den umfangreichen Zusatzangeboten auf ihrem Internetseiten Vorreiter. Das ZDF weist insofern mit Recht darauf hin, dass es mit "Dina Foxx" sein "Engagement für erzählerische Innovation" unter Beweis stelle.

Die Mainzer gehen angeblich ohne konkrete (Quoten-)Erwartungen an ihr Experiment. Auch das nicht ohne Grund, denn von den wenigen Unterhaltungsformaten, die das Internet mit einbeziehen ("Ijon Tichy Raumpilot" im ZDF, "Meine WM" von Premiere oder die Online-Castingshow "Secret Talents" von Endemol) wurde bisher noch kein einziges von der Konkurrenz für nachahmenswert befunden. Dabei täte der Branche ein Erfolgsformat gut: Zwar ist das Fernsehen in allen Altersschichten das Medium der Wahl in Sachen Unterhaltung. Von ARD und ZDF selbst in Auftrag gegebene Studien zur Mediennutzung zeigen indes seit Jahren, dass die unter 30-Jährigen länger vor dem Internet-PC sitzen als vor dem Fernseher - sogar zur Prime Time.

"Wer rettet Dina Foxx?" ist ein echtes Experiment - und kostet trotz der komplexen Verzahnung von Film und Internet weniger als eine normale Fernsehproduktion. Spätestens an dieser Stelle dürfte die private Konkurrenz hellhörig werden.

ZDF, Mittwoch, 23.20