Der „Bergdoktor“ macht Pause, das ZDF bietet stattdessen „Gipfelstürmer – Das Berginternat“. Ein lohnender Ersatz? Wir haben die Auftaktfolge schon gesehen.

Stuttgart - So grün erträumen sich nicht einmal junge Heuschrecken die Welt: Die neue ZDF-Serie „Gipfelstürmer – Das Berginternat“ (ab Donnerstag, 4. April, 20.15 Uhr) lässt uns von hoch oben auf Wiesen in hellem Sonnenschein blicken und suggeriert, diese ganze menschliche Zivilisation, von der man Schlimmes in den Nachrichten hört, sei wohl eine vernachlässigbare Kruste am Rande einer heilen Bergwelt. Kein Wunder, hier muss schließlich einer der etablierten Wohlfühl-Sendeplätze gefüllt werden: „Gipfelstürmer – Das Berginternat“ folgt dem „Bergdoktor“ nach, der eine Weile Pause macht.

 

Aber so schnuckelig alles für eineinhalb Stunden Gedankenflucht in freundliche Gefilde angerichtet scheint, etwas passt nicht: Die subjektiven Bilder einer Helmkamera sausen über den Bildschirm, ein Mountainbike, das sich hier endlich mal seinen Namen verdienen darf, wird von einem waghalsigen Fahrer über Bergpfade und Hänge hinab getrieben, und die ganze Hasardeurnummer wird live ins Internet gestreamt. Zumindest scheint es ein gutes Funknetz bis an die letzte Milchkanne heran zu geben.

Die Schüler sollen Höchstleistung bringen

Unten naht im Auto die junge Sozialpädagogin Nele Seitz (Maya Haddad), die aus der Großstadt Köln vorerst nur zur Krisenintervention ans Berginternat kommt. Eigentlich scheint klar, was nun kommen wird: der kuriose Unfall, der zum stressbelasteten Kennenlernen und zum überwindbaren Hader führt. Aber es gibt nur einen Beinaheunfall, der Radler braust weiter.

Das Fahren auf getrennten Wegen ist symptomatisch für die von Anna Tebbe und Sven Hasselberg geschriebene Auftaktfolge der neuen Serie. Etwas ist hier anders als im Wohlfühldurchschnitt, eine jüngere Energie, die nicht weiß, wohin mit sich, geistert kugelblitzhaft durch die Gemütlichkeit. Das Internat, geleitet von Seitz’ ehemaliger Uni-Mentorin Gitta Engel (Katja Weitzenböck), ist kein ruhiger Rückzugsort, wo die leicht Verdrehten zurechtgebogen und die Wundgeriebenen mit Balsam gepflegt werden. Es ist ein Ehrgeiz-Treibhaus, ein Sportinternat, das unter seinesgleichen zügig an die Spitze rücken soll. Von den Schülern wird zwar Sozialkompetenz, aber jederzeit auch Höchstleistung erwartet.

Heimelig ist in dieser Schule gar nichts

Wie diese Institution, ihre Figuren, Konflikte, Potenziale und Schrulligkeiten vorgestellt werden, das ist alles andere als übersichtlich, heimelig, augenzwinkernd, wie man das aus mancher anderen Serie kennt. Man muss sich etliches aus Dialogfetzen und Andeutungen zusammenbauen, während anderes behäbig erklärt wird. Hier soll wohl eine jüngere Zielgruppe mit anderen Erfahrungen und Serienerwartungen angesprochen werden, ohne das ältere, den aufgefrischten Heimatfilm suchende Publikum zu enttäuschen. Und das geht im „Berginternat“ noch gar nicht recht zusammen.

Ausstrahlung: ZDF, 4. April 2019, 20.15 Uhr