Anton Stahl, Carl-Friedrich Lutterbeck und Thomas Röther (von links) beschäftigen sich mit einer Kaffeemaschine. Foto: Simon Granville
Im Ditzinger Repaircafé brummt das Geschäft seit zehn Jahren. Viele Ehrenamtliche sind seit Langem treu dabei. Drei von ihnen erzählen, warum sie sich engagieren.
Stefanie Köhler
15.02.2025 - 13:03 Uhr
Die Kaffeemaschine hat den Geist aufgegeben. Statt einem Heißgetränk dampft in der Tasse – nichts. Carl-Friedrich Lutterbeck, 66, hat die Maschine geöffnet. „Der Brühkolben arbeitet nicht richtig. Das Pulver landet neben der Brühgruppe.“
Der Organisator Wolfgang Klenner berichtet von regelmäßig 20 bis 25 Anmeldungen. Einige Leute kommen so. Seit der ersten Auflage im Februar 2015 seien 2328 Personen mit defekten Geräten dagewesen, vor allem Haushalts- und Multimediageräten, darunter auch Kassetten- und Videorekorder. 8300 Stunden haben die Freiwilligen in Reparaturen gesteckt. „Das Know-how und die Kontinuität sind toll. Die Chemie unter den Ehrenamtlichen passt. Sie alle sind hochmotiviert und haben ähnliche Ziele“, sagt Wolfgang Klenner.
Insgesamt 27 Ehrenamtliche engagieren sich im Ditzinger Repaircafé. Es findet einmal im Monat in der Theodor-Heuglin-Schule in Hirschlanden statt, verteilt in drei Räumen. Foto: Simon Granville
Die Freiwilligen schätzen, dass sie unter Gleichgesinnten sind und neue Freundschaften geschlossen haben. Sie vereint das Interesse an Technik; der Drang zu erfahren, zu verstehen, wie etwas gebaut ist und wie es funktioniert. Nachhaltigkeit ist ihnen dabei wichtig – wie auch vielen Besuchern. In seinem Elternhaus habe man nach Möglichkeit immer alles repariert, erzählt Carl-Friedrich Lutterbeck, der Maschinenbau studiert und beim TÜV gearbeitet hat. „Das habe ich mit der Muttermilch aufgesaugt. Es widerstrebt mir, etwas wegzuwerfen.“
Am liebsten kaputte Zahnräder, gebrochene Schalter und Hebel
Anton Stahl, 71, nickt. Er könne auch nichts entsorgen, sagt das Gründungsmitglied und lacht. Im Zweifel dienen ausrangierte Geräte als Ersatzteillager. Anton Stahl hat ebenfalls Maschinenbau studiert, Richtung Mechanik, und war danach beim Autobauer Porsche beschäftigt, unter anderem in der Motorenkonstruktion. Im Repaircafé fuchst er sich besonders gern in Geräte mit kaputten Zahnrädern, mit gebrochenen Schaltern und Hebeln rein.
Die Statistik zeigt, dass die Geräte, die in der Theodor-Heuglin-Schule landen, im Schnitt rund zwölf Jahre alt sind. Eine Hürde: Geräte zu öffnen. Bei älteren Geräten ist das Gehäuse verschraubt, sagt Thomas Röther, heute jedoch würden auch Klips verwendet. „Zusammengeklipste Geräte sind fies“, sagt Anton Stahl. Man müsse höllisch aufpassen, um die Klips nicht zu zerstören, gerade dann, wenn man nicht wisse, wo sie sind.
Die Erfolgsquote liegt bei knapp 60 Prozent
Laut Wolfgang Klenner kommen gerade jüngere Leute, 30, 40 Jahre alt, aus Gründen der Nachhaltigkeit ins Repaircafé. Grundsätzlich sind viele Geräte nach einer Reparatur wieder in Schuss. Die Erfolgsquote in Hirschlanden liegt bei knapp 60 Prozent. „Ein Versuch lohnt sich immer“, meint Carl-Friedrich Lutterbeck. Verschlissene Teile, Anwendungsfehler, Nachlässigkeit bei der Nutzung: Es gibt viele Gründe, warum ein Gerät nicht mehr tut. „Ein Klassiker ist, dass der Staubsauger nicht mehr saugt“, so Stahl. Vielleicht wegen einer Wollmaus im Schlauch. „Manchmal ist auch bloß das Kabel gebrochen“, sagt Thomas Röther. Seine Devise lautet: Bevor man was wegwirft, sollte man wissen, was kaputt ist – und dann entscheiden, ob sich eine Reparatur lohnt. Nach einer Funktionsprüfung habe er häufig schon eine gewisse Idee, woran es hakt.
Um den Fehler zu finden, tüfteln die Ehrenamtlichen im Repaircafé auch mal zwei, drei Stunden lang. „Was einer nicht weiß, weiß ein anderer“, sagt der Elektrotechniker Röther, 66. Dagegen rechnet sich für Fachgeschäfte mit Blick auf den Stundenlohn ihrer Mitarbeiter eine Reparatur oft nicht.
Zuhause steht ein 3D-Drucker
Häufig bringen die Leute lieb gewonnene Geräte mit. Anton Stahl erinnert sich daran, dass er vor zwei Jahren eine 50 Jahre alte Nähmaschine repariert hat. Das Zahnrad war futsch. „Da kommt bei mir der Konstrukteur durch“, sagt der 71-Jährige. Er hat zuhause einen 3-D-Drucker, mit dem er anhand der Vorlagen Ersatzteile rekonstruiert. Ein fünf Cent kleines Zahnrad spuckt der Drucker binnen fünf bis zehn Minuten aus. Carl-Friedrich Lutterbeck zapft zunächst sein Netzwerk an, wenn er Ersatzteile braucht. „Auch das Internet ist eine große Hilfe“, sagt Thomas Röther. Um Ersatzteile zu besorgen, aber auch, um sich weiterzubilden. Schulungen erhalten die Freiwilligen zudem intern. Ihr Jubiläum feiern sie am 25. März groß.
Repaircafés sind gefragt: Der gemeinnützigen Stiftung Anstiftung zufolge haben sich bis 2024 bundesweit circa 2000 Initiativen gegründet. Ihre Zahl wachse beständig.
Das passiert mit der Kaffeemaschine
Die Kaffeemaschine arbeitet am frühen Abend wieder, wie sie soll. Den Besitzer überrascht das wenig. Am Ende seien die Dinge immer repariert, sagt er, und scherzhaft: „Vielleicht sollte ich mal was kaputt machen, was die nicht wieder hinkriegen.“