Zehn Jahre nach der Gründung Unesco ist recht zufrieden mit dem Biosphärengebiet

Erstmals hat die Unesco das Schutzgebiet auf der Schwäbischen Alb umfassend überprüft Der Naturschutz hat Fortschritte gemacht – Defizite gibt es beim öffentlichen Nahverkehr.
Münsingen - Alle zehn Jahre muss sich ein Biosphärengebiet – 16 gibt es bundes- und 700 weltweit – einer Evaluierung durch die Unesco unterziehen: Dann prüft eine Kommission, wo das Gebiet seine Ziele erreicht hat und wo es noch Defizite besitzt. Für das Biosphärengebiet Schwäbische Alb, das 2008 gegründet worden ist, stand nun die erste Evaluierung überhaupt an. Das vorläufige Ergebnis der Kommission, die die Unesco eingesetzt hatte, kann sich sehen lassen, auch wenn es neben viel Licht noch einigen Schatten gibt. Die endgültige Bewertung wird im Laufe von 2020 erwartet.
In ökologischer Hinsicht wurde positiv hervorgehoben, dass die Verwaltung des Biosphärengebietes mit ihren 21 Stellen und einem Jahresetat von mittlerweile zwei Millionen Euro begonnen hat, die wertvollen Kalkmagerrasen der Alb miteinander zu verbinden. Daneben untersuchen Biologen fortlaufend die Tier- und Pflanzenarten in den 27 Kernzonen. Diese Zonen bleiben völlig unberührt vom menschlichen Einfluss; sie umfassen drei Prozent der Gebietsfläche. Auch die für deutsche Biosphärengebiete einzigartige Vielfalt an Lebensräumen auf der Alb, von den Streuobstwiesen bis zu den dunklen Schluchtenwäldern, konnte weitgehend bewahrt werden. Die Population des Alpenbocks, eines seltenen blau schimmernden Käfers, hat sich sogar gut erholt. Doch die Ausweisung als Biosphärengebiet ist kein Allheilmittel. So ist die Größe der Streuobstwiesen um 0,7 Prozent auf jetzt 5187 Hektar zurückgegangen; die Siedlungs- und Verkehrsfläche hat sich seit 2008 um 5,3 Prozent ausgedehnt. Dies ist im Bericht nachzulesen, den die Verwaltung des Biosphärengebiets im September an die Unesco geschickt hatte.
Nur zwei Prozent lehnen das Schutzgebiet grundsätzlich ab
Ein Biosphärengebiet besitzt aber nicht nur ökologische Ziele. Vielmehr soll es auch den Tourismus und ein möglichst naturverträgliches Wirtschaften – auf dem Acker und in der Fabrik – begünstigen. Tatsächlich ist die Zahl der Gästeankünfte seit 2009 um beachtliche 17 Prozent gewachsen; zudem siegte das Biosphärengebiet im Jahr 2016/17 im Wettbewerb des Deutschen Tourismusverband als „nachhaltigste Tourismusdestination“. Die Ausweisung von geplanten 21 Premiumwegen unter dem Label „Hochgehberge“ soll die Attraktivität ebenfalls steigern.
Mittlerweile werden auch mehr Produkte aus dem Biosphärengebiet angeboten, die eine hohe Qualität und eine gute regionale Wertschöpfung besitzen und zugleich die Natur schützen. Seit einem Jahr gibt es etwa Produkte der Marke „Albgemacht“, die in ausgewählten Edeka-, Rewe- und Kauflandmärkten zu kaufen sind. Seit 2008 sind 435 Modellprojekte für mehr Nachhaltigkeit mit zusammen 3,76 Millionen Euro gefördert worden.
Defizite sieht die Kommission beim Nahverkehr und beim hohen Flächenverbrauch. Der Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) spricht aber von einer Erfolgsgeschichte: „Das Großschutzgebiet ist ein Juwel, auf das wir stolz sein können.“ Bei einer Umfrage, die Teil der Evaluierung war, sprachen sich 70 Prozent der Befragten für den Fortbestand des Reservats aus. Nur zwei Prozent lehnten es ab.
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