Seit dem 1. Juli 2008 gilt in allen Bundesländern ein Rauchverbot für Gastronomiebetriebe. In Baden-Württemberg darf weiterhin in seperaten Räumen geraucht werden. Die zehn Jahre Rauchverbot sind nicht spurlos an den Stuttgarter Restaurants und Kneipen vorbei gegangen.

Digital Desk: Ann-Kathrin Schröppel (aks)

Stuttgart - Was war das für eine Aufregung, damals vor zehn Jahren. Wirte fürchteten den Ruin, Raucher um den Bestand der Kneipenkultur und ihre Refugien. Das Nichtraucherschutzgesetz, das am 1. Juli 2008 verabschiedet wurde, war heftig umstritten. Es legte für Gastronomiebetriebe klare Regeln fest: In Betrieben, die ihren Gästen warme Speisen anbieten, darf nur in einem separaten Nebenraum geraucht werden. In Lokalen, die lediglich über einen bis zu 75 Quadratmeter großen Gastraum verfügen und nur Getränke und kalte Speißen anbieten, darf weiterhin geraucht werden.

 

Die genaue Zahl der Raucher- und Nichtraucherlokale in Stuttgart ist nicht bekannt. Das liegt daran, dass Gastronomen der Stadt nicht melden müssen, ob sie ein Raucher- oder ein Nichtraucherlokal betreiben. Von den rund 3300 Gaststätten in Stuttgart haben sich im Jahr 2008 zur Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes 129 Wirte von der Gaststättenbehörde der Stadt bei der Einrichtung eines Raucherzimmers beraten lassen. Im letzten Jahr waren es 88 Anfragen, der Informationsbedarf sei nach wie vor hoch, so ein Sprecher der Stadt Stuttgart. Einige Wirte haben ihre Lokale seit dem Gesetzeserlass vor zehn Jahren einem vollständigen Wandel unterzogen.

„Das Gesetz ist gut und hat seine Richtigkeit“

Markus Knörzer zum Beispiel, der Gastwirt des Brauerei Wirtshaus Sanwald in der Silberburgstraße. „Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes 2008 haben wir das Sanwald umstrukturiert“, erinnert er sich. Beide Nebenzimmer wurden zu Nichtraucherräumen, geraucht werden durfte nur an der Theke. Die Gäste mussten beim Betreten der Gaststätte und auf dem Weg zur Toilette durch den Raucherbereich gehen, was gesetzlich zulässig war.

„Das haben wir bis 2011 fortgeführt, bis der Druck zu groß wurde. Mehr und mehr Nichtraucher erstatteten Anzeige beim Ordnungsamt, weil sie sich durch die Raucher gestört fühlten. Wöchentlich stand die Polizei vor der Tür. Wir entschieden, die Gaststätte gänzlich in ein Nichtraucherlokal umzuwandeln“, erklärt Knörzer.

Fazit des Wirts nach zehn Jahren Nichtraucherschutzgesetz: Das Gesetz ist gut und hat seine Richtigkeit. Der Umsatz im Sanwald ist wider Erwarten nicht rückläufig. Allerdings hat die früher hochfrequentierte Theke deutlich an Gästen eingebüßt und die Gemütlichkeit nach dem Essen ist verlorengegangen. Jetzt läuft es meist nach dem Muster ab: Essen, Dessert, Espresso, zahlen.

Paul & George ist rauchfrei

Für einen Stuttgarter Gastronom ist das Rauchen in Lokalen schon lange aus der Mode. Janus Munkwitz betreibt mit dem Paul & George in der Weberstraße eine angesagte Bar. Das besondere hier: sein Lokal ist ein hundertprozentiger Nichtraucherbetrieb. Alle Raucher müssen vor die Türe gehen, es gibt in den Innenräumen keinen separaten Raucherraum. „Wir haben überhaupt nichts gegen das Rauchen, trotzdem sollte jeder Gast die Möglichkeit haben, seine Zeit in einem Lokal zu verbringen, ohne im Rauch sitzen zu müssen. Für einige Gäste passen Bier und Kippe gut zusammen, aber dann muss man auf der Bartour eben nach draussen oder in eine Raucherbar“, meint Munkwitz. Seine Mitarbeiter würden die rauchfreie Luft ebenfalls genießen, wobei der ein oder andere zwischendurch selbst gern eine Zigarettenpause einlegen würde, weiß der Betreiber.

Immer Beer Herzen ist klassische Raucherkneipe

Ein gegenteiliges Konzept verfolgen die Betreiber Henriette Trauer, Stefan Arzt und Kersten Knödel des Immer Beer Herzen in der Hauptstätter Straße. Ihr Lokal ist ein klassisches Raucherlokal mit langer Theke, an der sich die Gäste mit Kaltgetränk und Zigarette in der Hand aufreihen. „Unsere Gäste schätzen die Freiheit, dass sie bei uns zu ihrem Bier eine Zigarette rauchen können. Für fast alle, die öfters in Kneipen unterwegs sind, gehört das einfach dazu. Das ist eben auch eine Art von Lebenseinstellung“, beschreibt Knödel den Großteil seiner Gäste. Für einen geregelten Luftaustausch verfügt das Lokal über eine beinahe schon monströse Belüftungsanlage. Bis zu einem halben Meter dicke Abluftrohre sorgen dafür, dass die Luft jede Stunde fünfmal komplett zirkuliert.