Man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist: Hannes Orange und Balt Brixton feiern am kommenden Freitag das zehnjährige Jubiläum ihrer Indie-Reihe "Yeah! Club" - und beenden danach das Kapitel.

Stuttgart - Das kam im Stuttgarter Nachtleben bislang auch noch nicht vor: Eine Eventreihe feiert ihr zehnjähriges Jubiläum und hört prompt danach auf. Hannes Steim alias Hannes Orange und Jakob Süß, besser bekannt als Balt Brixton, ziehen das am kommenden Freitag im Keller Klub eiskalt so durch. Zum allerletzten Mal legen sie – wie sie das schon bei über 150 Clubnächten zuvor getan haben - Hits und selten Gehörtes von Bands wie Franz Ferdinand, Maximo Park, Bloc Party, Art Brut oder Arctic Monkeys auf die Plattenteller und werden sich zum Abschluss nochmals „schön betrinken“, wie Hannes im Interview mit Stadtkind verrät. Außerdem sprechen wir über die vergangenen zehn Jahre, die Zukunft und den Aufstieg und Einbruch eines Genres namens „Indie“.

 

Warum hört ihr nach zehn Jahren auf?
Man wundert sich bei Musikern oder Sportlern ja oft, warum sie immer versuchen, bis zum bitteren Ende weiterzumachen und nicht einfach dann aufhören, wenn sie noch gut in dem sind, was sie machen und in "Würde" abtreten können. Wir hatten das Gefühl, dass nach zehn Jahren YEAH!Club für uns genau der richtige Zeitpunkt ist um den Abgang zu machen.

Wie, warum, weshalb und wo ist der Yeah!Club vor zehn Jahren gestartet?
Wir waren einfach auf der Suche nach einem Abend, bei dem unsere Lieblingsmusik gespielt wird. 2003 gab es den in ganz Stuttgart nicht, deswegen haben wir selbst den YEAH!Club gestartet. Mein Mitstreiter und damaliger Mitbewohner Jakob Süß (alias Balt Brixton, d. Red.) kam aus München und war dort immer im Atomic Café unterwegs - das war letztendlich auch unser großes Vorbild. Oskar Aysel, der Besitzer der Stereo Lounge, hat uns dann den ersten Donnerstag im Monat gegeben und so ging das Ganze los.

Wie hat sich die Reihe weiterentwickelt?
Letztendlich wurde die Szene an Leuten, die sich für Indie im weitesten Sinne interessierte, immer größer. Was auch daran lag, dass 2004/2005 viele Debütalben von Bands wie Franz Ferdinand, Maximo Park, Bloc Party und Kaiser Chiefs raus kamen. Das ganze Ding wurde immer populärer und so kamen natürlich auch immer mehr Leute. Als ich dann 2007 das Booking für den Keller Klub übernommen habe, war es nur eine Frage der Zeit, bis wir von unserem Donnerstag in der Stereo Lounge auf einen Freitag im wesentlich größeren Keller Klub wechselten.

Du hast es gerade schon angesprochen, die „Indie-Welt“ war Mitte der Nullerjahre sehr spannend. Gefühlt erschien jede Woche eine neue, außergewöhnliche Platte. An die Zeit denkt man bestimmt gerne zurück.

Es kamen einfach viele sehr gute Alben raus und man hat sich immer schon vor dem Auflegen gefreut, die neuen Sachen zu spielen. Die waren ja damals noch nicht so abgenudelt wie heute, sondern liefen beim YEAH!Club meistens das erste Mal auf einem Dancefloor in Stuttgart. Wir hatten das Gefühl, bei einer Sache dabei zu sein, die eben im Hier und Jetzt stattfindet. Klar, diese ganze Gitarrengeschichte ist nicht die Neuerfindung des Rades, aber die Songs und Bands waren neu und unheimlich gut. Wir kannten auch mehr oder weniger alle Leute, die an den Abenden kamen. Die meisten haben sich extra für den Abend so angezogen wie die ganzen Bands: Chucks, enge Jeans, Parka und so weiter.

Heutzutage scheint der große Hype etwas vorbei zu sein. Die meisten Bands haben mit ihren Folgealben öfters enttäuscht. Oder ist das nur eine subjektive Wahrnehmung? Was meint der Experte?

Um das ganze Indie-Ding wurde es gegen Ende der 2000er Jahre wieder etwas ruhiger. Viele der Bands der ersten Stunde konnten tatsächlich nicht wirklich mit ihren zweiten und dritten Alben nachlegen und es passierte auch irgendwann nicht mehr all zu viel Neues. Es gab noch die Entwicklung, wieder verstärkt elektronische Elemente ins Spiel zu bringen, was ganz spannend war. Das ging sogar so weit, dass der Sänger von Bloc Party 2010 ein reines Electro-Album veröffentlichte, weil er einfach von der ganzen Gitarrenmusik schrecklich gelangweilt war.

Fazit: Wie steht die Gitarre zehn Jahre nach der ersten Yeah!Club-Party da?
Die reine Gitarrenmusik stagniert, würde ich sagen. Alles, was sich in den Zwischenbereichen von Indie bis Electro abspielt, ist nach wie vor spannend und funktioniert auch auf der Tanzfläche.

Ist es nicht letztendlich so, dass die Leute lieber immer wieder „Song 2“ von Blur hören als das super neue, total innovative Stück? Und geht das dann dir als DJ nicht irgendwann voll auf den Senkel?

Mir gefallen eigentlich immer die DJs am besten, die nur so viel Hits wie nötig und so viel Neues und Unbekanntes wie möglich in ihre Sets einbauen. Das Spiel besteht darin, die Leute bei der Stange zu halten und ihnen so viel wie möglich "unterzumogeln". Dann wird es einem eigentlich auch nie langweilig, weil das meistens ein recht dünner Grat ist.

Was steht nun bei Dir an?
Ich werde in Zukunft den Flux Friday im Keller Klub veranstalten, außerdem haben wir ja erst vor kurzem die neue Reihe POPNOTPOP/Club im 33 gestartet, es stehen eine ganze Menge Livekonzerte an, der monatliche Song Slam und vielleicht gibt es auch bald ein neues Festival.

Letzte Worte zur letzten Party.
Wir haben als Dankeschön für unsere treuen Gäste die siebenköpfige Band Retro Stefson aus Island eingeladen, die gerne auch mal das Publikum in ihre Show einbezieht. Nach dem Konzert legen wir unsere Lieblingssongs aus den letzten zehn Jahren auf und werden uns dabei schön betrinken.


10 Jahre Yeah!Club – This Is The End
mit Retro Stefson – live und den DJs Balt Brixtion, Hannes Orange und Top Old Boy
Freitag, 04. April 2013
Keller Klub
www.facebook.com/yeahclubstgt