Zehntausende Haushalte in Baden-Württemberg sehen Ende Juni in die Röhre, wenn sie ihren Anschluss nicht umstellen. Denn der Kabelnetzbetreiber Unitymedia sendet dann nur noch digital.

Geld/Arbeit: Daniel Gräfe (dag)

Stuttgart - Das analoge Fernsehen ist in Baden-Württemberg bald Geschichte. Der Kabelnetzbetreiber Unitymedia stellt ab Juni auf volldigitalen Empfang um. Am 1. Juni wird der südliche Teil Baden-Württembergs mit den Einzugsgebieten Aalen, Freiburg, Göppingen, Horb, Lörrach, Offenburg, Ravensburg, Reutlingen, Sigmaringen, Singen, Ulm und Villingen umgestellt. Am 6. Juni folgt der nördliche Landesteil mit den Einzugsgebieten Stuttgart, Ludwigsburg, Böblingen, Pforzheim, Karlsruhe, Heilbronn, Bad Mergentheim und Mannheim. Das teilte Unitymedia auf Anfrage unserer Zeitung mit. Bis Ende Juni werden auch die Unitymedia-Haushalte in Hessen und Nordrhein-Westfalen nur noch digital versorgt.

 

Laut Landesmedienanstalt beziehen im Südwesten fast alle Kabelhaushalte direkt oder indirekt von Unitymedia ihr Kabelsignal. Die Tochter des internationalen Kabelnetzbetreibers Liberty Global versorgt in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen derzeit 6,4 Millionen Haushalte mit Kabelfernsehen. Von diesen schauen noch geschätzt rund 640 000 analog fern und sind damit von der Umstellung betroffen, sagt ein Pressesprecher. Wie viele es davon in Baden-Württemberg sind, teilt das Unternehmen nicht mit. Ihre Zahl dürfte aber im niedrigen sechsstelligen Bereich liegen.

Unitymedia prescht als erster der großen Kabelnetzbetreiber vor

Unitymedia schaltet als erster großer Kabelnetzbetreiber in Deutschland das analoge Fernsehen ab. Der Branchenprimus Vodafone, der in den übrigen 13 Bundesländern etwa 7,8 Millionen Haushalte mit Kabelfernsehen versorgt, hat noch nicht über einen Zeitplan zur Umstellung entschieden. Derzeit gibt es analoges Fernsehen nur noch über das Kabelnetz. Satellitenfernsehen wird bereits seit 2012 und Antennenfernsehen seit 2008 ausschließlich digital übertragen.

Unitymedia empfiehlt den betroffenen Kunden, sich über die Empfangstechnik ihres Fernsehers zu informieren und baldmöglichst auf Digital-TV umzusteigen. Das nötige TV-Signal liege bereits heute an der Kabelanschlussdose im Haus. Der Empfang sei nur noch eine Frage des Fernsehgerätes. Alle handelsüblichen Fernseher verfügten heute bereits über einen integrierten Digitaltuner, DVB-C genannt. Bei älteren Geräten ist ein zusätzliches digitales Empfangsgerät erforderlich, das auch im Handel gekauft werden kann. In den kommenden Wochen werde Unitymedia die Kunden in mehreren Kampagnen über die Umstellung noch eingehender informieren und auch direkt anschreiben, sagte eine Pressesprecherin.

Vor allem ältere Kunden sind wohl betroffen

Michael Gundall, Fernsehexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, geht davon aus, dass vor allem ältere Unitymedia-Kunden von der Umstellung betroffen sind. „Das ist zum Beispiel die Oma mit ihrem Röhrenfernseher, die sich erst einen neuen Fernseher kaufen wollte, wenn der alte kaputt ist.“ Jetzt müsse sie sich zumindest einen Receiver mit Scart-Anschluss zulegen, um weiterhin fern schauen zu können. Gundall betont, dass bei der Umstellung am Kabelvertrag nichts verändert werden müsse. „In der Regel sind die alten Kabelverträge preislich günstiger als ein neuer Kabelvertrag.“

Die Umstellung hält Gundall für sinnvoll. „Heute kann man auf dem Platz für ein Analogprogramm sechs bis acht Digitalprogramme übertragen.“ Außerdem sei die Bild- und Tonqualität bei der digitalen Übertragung wesentlich besser. „Die Kabelnetzbetreiber verwenden die frei werdenden Kapazitäten, um mehr Fernsehprogramme übertragen zu können und die Bandbreite bei den frei werdenden Internetanschlüssen zu erhöhen.“

Auch die Landesmedienanstalt Baden-Württemberg lobt die Digitalisierungsoffensive des Kabelnetzbetreibers: „Das analoge Fernsehen war nur noch ein Zugeständnis, es frisst aber zu viele Kapazitäten. Durch die Digitalisierung können mehr regionale Fernsehsender in Baden-Württemberg in besserer Qualität eingespeist werden“, sagt ein Sprecher.

2016 haben 45,9 Prozent der Deutschen über Kabel fern geschaut. 46,5 Prozent nutzten dazu Satellitenempfang, neun Prozent den Empfang über Antenne und 6,2 Prozent das Internet. Das ergibt der Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten, bei dem Mehrfachnennungen möglich waren.

Telefonaktion zur Umstellung

Der Kabelnetzbetreiber Unitymedia stellt am 1. Juni im südlichen Teil Baden-Württembergs und am 6. Juni im nördlichen auf volldigitalen Empfang um. Wer noch analog schaut und nicht umstellt, guckt dann in die Röhre. Zehntausende Haushalte im Land sind davon betroffen. Doch wie weiß man genau, dass man noch analog schaut? Und was muss man genau tun, um künftig digital zu sehen?

In einer Telefonaktion stellen sich Experten den Fragen der Leser. Technischen Rat geben Experten der Deutschen TV-Plattform und der gfu Consumer & Home Electronics GmbH. Über den Verbraucherschutz berät eine Expertin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Rufen Sie an am 19. April, zwischen 14 und 16 Uhr:0711/7205-1421, -1422, -1423