Die Zeitfenster-App erweckt Stuttgarts Vergangenheit zum Leben. Sie führt den Nutzer an die vergessenen Orte der Stadt. Die von Stuttgarter Studenten entwickelte Application hat zahlreiche Preise gewonnen und ist inzwischen bundesweit am durchstarten.

Stuttgart - Eine Reise in die Vergangenheit hatten sie versprochen, die Studenten von der Hochschule der Medien. Gemeinsam mit ihren Kommilitonen Diana Bullmann und Sven Straubinger haben Patrick Burkert, Nils Fröhlich und Benjamin Schaufler die Zeitreise entwickelt. Sie verzichten dabei auf gefährliche, weil noch nicht wirklich erprobte Konstruktionen wie Wurmlöcher und Zeitmaschinen. Herausgekommen ist eine App, die einen auf eine Zeitreise durch Stuttgarts vergessene Orte nimmt. Den Prototyp haben wir bereits 2012 vorgestellt. Wir wollten „das sichtbar machen, was längst im Verborgenen liegt“, sagt Burkert, einer der Geschäftsführer. Seit dem 31. August kann man sich die neue App kostenlos herunterladen – bisher nur für Apple-Produkte.

 

Im Straßentest bewährt sich die App recht gut. Schon von zu Hause aus kann man sich die Fotos der einzelnen Plätze anschauen. Da steht dann plötzlich der alte Stuttgarter Bahnhof mitten vor dem Sofa. Das ist beeindruckend gemacht. Doch wirklich spannend ist dann das Erlebnis vor Ort. Steht man vor dem konkreten Gebäude, dann schiebt sich das alte Bild über das aktuelle, mit der Handykamera aufgenommene Livebild. Dann muss man nur noch den exakten Ort finden, von dem das alte Foto aufgenommen wurde, um ein bestmögliches Resultat zu erhalten.

Das kann mitunter ein wenig Ausprobieren erfordern. In manchen Fällen wie beim Stuttgarter Hauptbahnhof ist diese Stelle mitten auf der befahrenen Straße und dementsprechend schlecht exakt zu erreichen. In den meisten Fällen funktioniert das aber recht gut. Mit einer Fingerbewegung kann dann die Transparenz des alten Fotos verändert werden. So kann man jede Veränderung des Platzes schön nachvollziehen und je nach Geschmack die Gegenwart oder die Vergangenheit stärker werden lassen. Hat man die schönste Einstellung gefunden, genügt ein Klick, und das Bild wird abgespeichert.

Die App räumte zahlreiche Preise ab

Die App kam gut an. In diesem Jahr erhielt sie den Branchenpreis der Kulturwirtschaft in Deutschland „Kultur- und Kreativpiloten 2013“ der Bundesregierung. Bislang gibt es die App nur für Stuttgart und Berlin. Doch die Nachfrage für andere Städte sei groß, sagt Burkert. „Unsere Vision ist die bundes- und europaweite Rekonstruktion von Geschichte anhand historischer Fotografien“, ergänzt er.

Die Idee sei ihnen bei einem Spaziergang durch die Stadt gekommen, sagt Burkert. Dabei hätten sie festgestellt, dass sich das Stadtbild sehr schnell verändert habe. Mittlerweile haben sie sogar ein kleines Start-Up in Berlin gegründet. Inzwischen gibt es eine Version für die Bundeshauptstadt, die Einblicke in Momentaufnahmen der Umbruchzeit 1989/90 gibt. Bislang haben sie das Projekt aus eigener Tasche getragen, suchten und suchen Sponsoren, die für eine Anschubfinanzierung sorgen könnten. Doch Burkert hat Pläne für die Zukunft:„Langfristig gesehen soll sich das Projekt tragen.“

Für März 2014 ist eine neue Version angekündigt, die soll dann auch für andere Betriebssysteme als Apples iOs verfügbar sein.