Wer mag, kann dieser Tage im Göppinger Stauferpark tief ins Mittelalter eintauchen. Ritter und Spielleute, Gaukler und Mönche gebensich ein Stelldichein, nur an der Währung scheiden sich die Geister: Müsste der Taler nicht ein Heller sein?

Göppingen - Herbey! Herbey, ihr lieben Leut’, wir spielen euch auf zum Tanze heut’!“ Lange Schlangen wartender Menschen vor einem Bretterverschlag im hintersten Winkel des Göppinger Stauferparks künden dieser Tage wieder von einem seltenen Mittelalterspektakel mit Lagerleben, Budenzauber, Ritterturnier und „allerley“ anderen Attraktionen.

 

Auf die Historie wird von den Veranstaltern schon allein durch die häufige Verwendung des Buchstabens „Y“ und der Reimform angespielt. Wer sich aber daran nicht stört, der ist im Stauferpark richtig. Dort kann man sich aus der Hand lesen lassen, mit Kugeln nach Eiern werfen und sich mit dem echten Uhu Einstein fotografieren lassen; handbetriebene Karussells und Münzpressen werden ebenso geboten wie Webetechniken aller Art, Gebackenes und Gesottenes mit Hafer, Hanf oder Speck; Korbwaren, Lederriemen und mittelalterliche Gewänder werden feilgeboten, Töpferkunst, Schmuck, Musikinstrumente und anderer Krimskrams können bewundert und natürlich auch erstanden werden. Allerdings darf sich der Besucher vor Barbaren, Piraten, Bettlern und Spielleuten, kämpfenden Rittern zu Fuß und zu Pferde und anderen Gestalten jeglicher Couleur nicht fürchten. Und ein bisschen Kleingeld ist in der mittelalterlichen Zeltstadt ohne Zweifel auch vonnöten.

Euro in der Talerzone

An der Währung, die von den Marktbeschickern nur in Euro angenommen wird, scheiden sich die Geister im Übrigen. In der Regel werden die Preise nämlich in Talern angegeben, was den einen oder anderen historisch bewanderten Gast ärgert. „Zur Stauferzeit gab es den Heller. Der Taler kam erst Ende des 15. Jahrhunderts auf“, raunt es aus einem der Zelte hinter vorgehaltener Hand. An den Pranger ist deshalb aber niemand gestellt worden.

Und ansonsten? Als echter Zeitreisender outet sich Bruder Ignatius, bei dem es unter anderem Bier, Trauungen oder Tonpfeifen für Kinder oder Ablassbriefe gibt. Wer bezahlt, darf sündigen. So kann man bei Ignatius für einen Taler auch einen Gutschein für zweimal „Hausaufgaben liederlich oder gar nicht fertigen“ erstehen. Die Frage ist nur, ob das Lehrer auch außerhalb der Mittelalterstadt akzeptieren. Ein solcher Einwand ficht den Mönch aber nicht an, der sich – reichlich selbstbewusst – auch bei der jüngsten Papstwahl beworben hat. Seine Pressekonferenz anlässlich seiner (fiktiven) Kandidatur war dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) und vielen Zeitungen einen Bericht wert. Bruder Ignatius wird aber auch zu Reformationsfeiern oder für die Nachstellung der Leipziger Völkerschlacht gebucht: „Mönche werden immer gebraucht.“

Wilhelminischer Schnauzer im Mittelalter?

Götz von B. geht es ähnlich. Den wenigsten fällt auf, dass der mittelalterliche Gaukler seine Faxen mit einem wilhelminischen Schnauzer treibt. Im richtigen Leben heißt er Götz Martiny und verdient seit vierzehn Jahren als Darsteller seine Brötchen. „Die Zunahme der mittelalterlichen Feste macht es möglich“, sagt er. Viel Licht und Schatten hat er auf unterschiedlichsten Veranstaltungen schon erlebt, aber das Stauferspektakel lobt er. Gut organisiert sei es, die Teilnehmer seien interessant und die Besucher interessiert. Dass die Szene sich immer mehr kommerzialisiere, lasse sich nicht vermeiden: „Die meisten, die sich in die Rollen einleben, müssen irgendwann auch davon leben können“, sagt er.

Geöffnet ist die Mittelalterstadt heute von 11 bis 23 Uhr , morgen von 11 bis 19 Uhr. Die Familienkarte kostet zehn Euro.