Werner Mang weiß wie kein anderer um den Traum von ewiger Jugend. Er verdient gut an ihm, denn er ist Deutschlands bekanntester Schönheitschirurg.

Stuttgart - Ich bin am 4. September 1949 im Sternzeichen Jungfrau, Aszendent Löwe, in Ulm geboren. Ich hatte das Glück, in Lindau am Bodensee in einer wunderbaren Familie aufzuwachsen. Mein Vater war Forstdirektor, meine Mutter Hausfrau. Ich bin mit einem Bruder aufgewachsen, der Jurist wurde.

 

Als Kind waren Gesichter für mich Gesichter. Sie hatten ihre Eigenheiten, ihre Nasen, ihre Falten, ihre Tränensäcke, ihre Narben. Für mich gab es junge Gesichter und alte, und irgendwie hatte es mit allen seine Richtigkeit im Sinne von Friedrich Hebbel: "Jeder Mensch trägt einen Zauber im Gesicht und irgendeinem gefällt er."

Ich kam aufs Lindauer Bodenseegymnasium. Wir beschäftigten uns weniger mit ewiger Jugend als mit Mathematik, Deutsch, Physik und Kunst. Auf dem Stundenplan stand eines Tages auch Michelangelo, der berühmten Maler und Bildhauer. Wer hätte damals gedacht, dass ich später ein "Schönheitschirurg" werden würde, von dem es in der Zeitung heißt, er sei der "Michelangelo vom Bodensee"?

Die Spuren der Zeit beseitigen

Bis zu meinem Abitur war mir der Begriff "Problem" nicht bekannt. Ich spielte Fußball und stand im Tor bei der Spielvereinigung Lindau, bis mich das Tennisfieber packte. Ich hatte auch damals schon meinen Ehrgeiz. Mit 14 wurde ich Allgäuer Jugendmeister. Mit 16 spielte ich in der ersten Herrenmannschaft des TC-Lindau, später wurde ich Stadtmeister.

Als es auf die Abschlussprüfung im Gymnasium zuging, strengte ich mich an. Ich wollte Arzt werden und musste den Numerus clausus erreichen, der damals bei 1,6 lag. Im letzten Schuljahr war ich also ein richtiger Streber. Nach dem Abitur schrieb ich mich für Humanmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität ein. Nebenbei gab ich Tennisstunden und jobbte als Bademeister am Bodensee in Lindau. Ich fing an, mich für Körper zu interessieren und für Gesichter, in denen man lesen kann wie in Büchern. Mein Interesse galt der ästhetischen Chirurgie. Das hatte auch mit einer schweren Gesichtsverletzung zu tun, die ich bei einem Unfall gesehen hatte. Ich dachte mir, es wäre wunderbar, wenn man Gesichter chirurgisch wiederherstellen und den betroffenen Menschen wieder zu einem neuen Leben verhelfen könnte. Vor diesem Hintergrund wollte ich mehr wissen über dieses Arbeitsgebiet, in dem es seinerzeit nur wenige Koryphäen gab.

Eine davon war Ivo Pitanguy aus Brasilien. Ich nahm mein erspartes Geld und flog nach Rio, um den Nestor der Schönheitschirurgie kennenzulernen. Der Professor hatte für den Studenten aus Deutschland keine Zeit. Also setzte ich mich ins Sekretariat. Ich wartete einen ganzen Tag, bis Pitanguy mich endlich beachtete. Dies war nicht nur der Beginn einer Freundschaft, die bis heute hält, sondern für mich auch der Anfang meiner Auseinandersetzung mit einer Profession, in der es immer öfter auch darum geht, die Spuren der Zeit zu beseitigen.

Es ist seit je ein Wunschbild des Menschen, ewig jung zu bleiben. Davon kündet der Mythos vom Jungbrunnen. Lucas Cranach hat 1546 ein wunderbares Bild gemalt, das ein Bad zeigt, in das gealterte Frauen steigen. Auf der anderen Seite verlassen sie das Wasser deutlich verjüngt. Dieser Kult hat freilich seine Grenzen, wie die Geschichte des armen Fosca im Roman von Simone de Beauvoir nahelegt. "Alle Menschen sind sterblich", heißt das beeindruckende Werk, in dem es um einen unsterblichen Menschen geht, dessen Lebensfreude austrocknet, weil der Mensch nicht für die Unendlichkeit gebaut ist.

Ich wurde in den Medien zum "Schönmacher"

Irgendwo dazwischen suchte ich damals als junger Mediziner meinen Platz. Mit 24 schloss ich mein Studium ab und wurde Facharzt für Hals-, Nasen-und Ohrenheilkunde. 1980 trat ich die Stelle als jüngster Oberarzt am Klinikum rechts der Isar an. 1984 wurde ich habilitiert. Immer wieder reiste ich durch die Welt, um zu sehen, wie kundige Ärzte Menschen ein Stück neu modellieren. Schwerpunkt in meiner Zeit als Oberarzt im Klinikum rechts der Isar waren plastische Operationen. So habe ich nach der Katastrophe in Ramstein einem Jungen, dessen Gesicht durch das Unglück völlig verbrannt war, zu einem neuen Leben verholfen. Ich habe den Jungen inzwischen bereits zehnmal operiert. Sein Vater starb bei der Katastrophe. Bis heute betreue ich diesen inzwischen jungen Mann, der trotz seines Schicksals Abitur gemacht und danach studiert hat.

1987 gründete ich die Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Medizin, deren Präsident ich zwölf Jahre lang war. Ein Jahr später wurde ich Professor. Mein Arbeitsgebiet war anfangs vorrangig die Wiederherstellung von Patienten, zum Beispiel nach Unfällen. Dabei handelt es sich nicht um Schönheitschirurgie, wie ich sie heute täglich durchführe. Weil ich meine Heimat liebe, suchte ich mir irgendwann in Lindau ein Gebäude für eine private Klinik, in der ich das Gelernte anwenden wollte. Der Zeitgeist bescherte mir schon bald viele Anfragen. Das Geschäft mit der Schönheit boomte, und wir wuchsen. 1990 gab es in Deutschland rund 300.000 Schönheitsoperationen, im Jahr 2000 waren es bereits 600.000. Inzwischen dürfte die Zahl der Eingriffe bei mehr als einer Million pro Jahr liegen. Die Schönheitschirurgie ist trotz Finanz- und Bankenkrise mehr gefragt denn je. Es kamen bald nicht nur die Reichen und Schönen zu mir, sondern auch ganz "normale" Bürger, die sich seit Langem an ihren Nasen störten oder unter großen Brüsten litten. Damit geht eine gewisse Popularität einher, die mich nicht gestört hat. "Müller-Wohlfahrt behandelt unsere Fußballer", hieß es. "Mang ihre Ehefrauen."

Die Schönheitschirurgie sollte sich an der Antike orientieren

Ich wurde in den Medien zum "Schönmacher" und habe mit pathologischem Fleiß daran gearbeitet, über die Jahre zur Nummer eins in der Branche zu werden. Mein Terminplaner wurde voller, mein Eifer größer. Ich wurde zum bekennenden Workaholic. Dabei blendete ich auch die Grenzen meiner Kunst nicht aus. Es geht nicht nur um Umsatz, sondern auch um Grundsatz. Und mein Grundsatz ist: Die Schönheitschirurgie sollte sich nicht dem Zeitgeist unterwerfen, sondern sich an der Antike orientieren. Schönheitschirurgie sollte dazu beitragen, dass man sich letztlich wohler in der eigenen Haut fühlt, dass man die Zeit in und mit seinem Körper genießt und letztlich intensiver leben kann. Das ist die wahre Schönheitschirurgie. Sie ist keine Veränderungschirurgie - man kann niemanden zu einem "Star" umoperieren.

Ich habe in meinem Leben mehr als 20.000 schönheitschirurgische Eingriffe durchgeführt und sage den Patienten auch, dass nicht alles möglich ist. Und selbst der beste Schönheitschirurg hat nicht nur zufriedene Patienten. Ein bis drei Prozent derer, die sich unters Messer begeben, sind auch bei mir unzufrieden, aber nicht, weil etwas passiert ist, sondern weil sie zu hohe Erwartungen haben. Man muss berücksichtigen, dass Patienten auch Heilungsstörungen oder Narben bekommen können. Das wird dann oft der Schönheitschirurgie als Behandlungsfehler angelastet. Je prominenter man als Arzt ist, desto prominenter werden solche Fälle aufgegriffen. Ich wurde von den Medien mit den eigentümlichsten Namen versehen wie "Nasenpapst", "Faltenterminator", "Starchirurg", "Gesichtsschneider". Zuletzt wurde ich sogar "Aufschneider" genannt. Mag sein, dass ich keine Professur in Diplomatie habe und manche Menschen durch meine direkte Art vor den Kopf stoße, aber trotz aller Polarisierung gibt es Grenzen dessen, was man ertragen kann.

Auf der anderen Seite werde ich versöhnt durch dankbare Patienten. Neulich hat mir eine Frau geschrieben: "Sie haben mich durch die Nasenoperation zu dem glücklichsten Menschen gemacht. Ich habe 30 Jahre unter meiner Nase gelitten, jetzt genieße ich jeden Tag und fühle mich einfach wohl in meiner Haut."

Zeitlose Schönheit ist eine Illusion

Vermehrt denke ich in den letzten Jahren darüber nach, wie viel Zeit mir wohl noch bleibt, um mir all jene Dinge zu erfüllen, von denen ich noch träume. Ich bin jetzt 62, verheiratet, Vater von zwei Kindern und führe noch immer ein Leben am Limit. Ich hetze von einem Termin zum anderen, von einer Operation zur anderen, von einem Vortrag zum nächsten. Warum mache ich das? Rational ist das kaum zu erklären. Vielleicht sind es die Gene, die in einem sind. Wie hat Bernie Ecclestone unlängst gesagt? "Ich arbeite, bis ich tot umfalle, man muss mich dann von meinem Arbeitsplatz wegtragen."

Mir ist bewusst, dass es auch für mich ein Leben nach dem Operationssaal gibt. Die Zeit fliegt, und sie ist das kostbarste Gut. Und wie heißt es doch im Lukasevangelium: "Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern?"

Seit einigen Jahren beunruhigt mich zunehmend, dass in dieser Gesellschaft die naturbedingte Alterung als Makel gilt, das Streben nach Schönheit immer mehr zu einem rücksichtslosen, selbstzerstörerischen Wahn wird. Ich bin selbst ein Teil dieser Bewegung, und doch ist mir bewusst, dass Schönheit nicht alles ist. Gesundheit geht vor Schönheit! Nur in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist.

Zeitlose Schönheit ist eine Illusion. Mit dem Skalpell kann die Zeit nicht aufgehalten werden. Wir werden immer älter, und so altert auch die Hülle. Mit 70 gehört man heutzutage noch nicht zum alten Eisen. Das ist immerhin tröstlich. Man kann sich Zeit nicht kaufen, aber ein bisschen Schönheit schon, ebenso wie neue Zähne oder gelaserte Augen. Wenn mich einmal die Tränensäcke stören sollten, dann lasse ich sie mir operieren. Ich habe damit kein Problem.