Kinder und Tiere sind durcheinander, empfindliche Naturen klagen über die Folgen des „Mini-Jetlags“ und doch wird in der Nacht zum Sonntag die Uhr auf Sommerzeit gestellt. Was man dazu wissen muss – und welche Eselsbrücke Sie sich merken müssen...

Stuttgart - Eine Änderung ist nicht in Sicht: Die Stunde, die uns im Oktober „geschenkt“ wurde, wird uns am kommenden Wochenende wieder „geklaut“. In der Nacht zum Sonntag, 25. März, werden die Uhren in Deutschland wieder auf Sommerzeit von 2 Uhr auf 3 Uhr vorgestellt. Das gilt für Deutschland seit 1980 und ist in allen EU-Mitgliedstaaten einheitlich geregelt.

 

Zeitumstellung: So fahren Busse und Bahnen in der Nacht zum Sonntag

Für die offizielle Zeit in Deutschland zuständig ist die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig. Sie realisiert, dass über einen Langwellensender mit Namen DCF77 in Mainflingen bei Frankfurt am Main, der Funkuhren, Bahnhofsuhren und viele Uhren der Industrie mit der gesetzlichen Zeit versorgt sind.

Das EU-Parlament baut Druck auf

So ist es und so bleibt es - zumindest vorerst. Auch wenn das EU-Parlament im Dauerstreit um die Umstellung zwischen Sommer- und Winterzeit im Februar Druck gemacht hat. Die Abgeordneten forderten die EU-Kommission dazu auf, Vor- und Nachteile der Zeitumstellung genau unter die Lupe zu nehmen und die Regelung gegebenenfalls abzuschaffen. Nun liegt der Ball bei der EU-Kommission. Dass die Prüfung allerdings ganz neue Aspekte bringt, darf bezweifelt werden.

In unzähligen Studien wurden Mini-Jetlags, Unfälle wegen Übermüdung und Umstellungsprobleme bei Kühen rauf und runter diskutiert. Ob es die gewünschte Energieersparnis gibt, ist umstritten. Und Umfragen ergeben regelmäßig, dass die Umstellung für viele Bürger ein Ärgernis ist. Zuletzt sprachen sich 73 Prozent der Befragten in einer repräsentativen Studie des Forsa-Instituts im Auftrag der DAK-Gesundheit dagegen aus.

„Die Debatte kommt in der Woche vor der Umstellung auf und flacht danach sehr schnell wieder ab“, sagt Korbinian von Blanckenburg, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Die verschiedenen Ansätze würden immer wieder neu diskutiert. „Es wäre aber wichtig, die Diskussion mal zu Ende zu führen“, meint von Blanckenburg.

Seine Hochschule hat zusammen mit der TU Braunschweig im Herbst eine Online-Umfrage gemacht. Ergebnis: Die Umstellung wird überwiegend abgelehnt und die präferierte Alternative ist eine ganzjährige Sommerzeit. Von Blanckenburg findet, dass die EU diese Präferenz der Bevölkerung bei ihren Prüfungen berücksichtigen sollte.

Sicher ist, dass am letzten Sonntag im Oktober die Sommerzeit wieder endet und die Uhren zurück auf die Normalzeit gestellt werden. Das passiert dann aber ganz sicher nicht ohne Diskussion.

Ärgernis Zeitumstellung: Für viele Menschen ist die Zeitumstellung eine leidige Sache. Rund jeder Vierte (27 Prozent) kämpft laut einer aktuellen Umfrage der Krankenkasse DAK nach der Umstellung mit gesundheitlichen oder psychischen Problemen. 73 Prozent der Deutschen halten die Zeitumstellung ohnehin für überflüssig. Tatsächlich kann die Zeitumstellung bei sensiblen Menschen die „innere Uhr“ durcheinander bringen, was vorübergehend zu Müdigkeit, Schlafstörungen, Abgeschlagenheit und Verstimmungen führen kann. Zwar ist es abends eine Stunde länger hell. Aber vor allem in der Woche nach der Zeitumstellung sind die Menschen insgesamt erst einmal deutlich unzufriedener, wie Forscher der Universität Erlangen-Nürnberg herausfanden.

Wie ein „Mini-Jetlag“: Betroffen sind vor allem Menschen mit starken zeitlichen Beschränkungen wie berufstätige Eltern mit Kindern. Ihre Lebenszufriedenheit erreicht nach der vor drei Jahren erhobenen Studie in der Regel erst in der zweiten Woche nach der Umstellung das Ausgangsniveau. Nicht erwerbstätige Erwachsene ohne Kinder können dagegen weitaus flexibler reagieren - meist ist für sie noch in der Woche nach der Zeitumstellung alles wieder beim Alten. Nach Angaben von Biologen reagiert der Körper bei der Umstellung auf die Sommerzeit ähnlich wie bei einem Flug nach Osten - beides ist weitaus schwerer als die Umstellung auf die Winterzeit oder ein Flug nach Westen. Es sei sehr viel einfacher, die innere Uhr zu verzögern, als sie zu beschleunigen.

Deutschland aus dem Takt? Die technische Umstellung verläuft da etwas einfacher. Die Zeitumstellung bei Funkuhren läuft automatisch ab. Taktgeber dafür ist in Deutschland die Atomuhr der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig. Über einen Sender werden die Signale übertragen, durch die sich die Funkuhren automatisch der neuen Zeit anpassen. Für die Deutsche Bahn ist die Zeitumstellung der rund 120.000 Uhren in Bahnhöfen, Diensträumen und Automaten ebenfalls schon Routine. Bei den Nachtreisezügen werden die nächtlichen Aufenthalte wegen der fehlenden Stunde entsprechend gekürzt - oder sie kommen am Sonntag etwas verspätet ans Ziel. Güterzüge werden möglichst schon vor der planmäßigen Abfahrtszeit auf die Reise geschickt.

Sparen wir dabei wirklich Strom? Die Sommerzeit wurde in Deutschland 1980 eingeführt - und zwar aus Gründen der Energieeinsparung. Dahinter steckte die Überlegung, dass weniger Beleuchtung und damit weniger Strom verbraucht wird, wenn sich der Tag um eine Stunde nach vorn „verschiebt“. Nach Ansicht von Kritikern sind allerdings dadurch entstehende Energiespareffekte kaum nachweisbar. So wird laut Umweltbundesamt (UBA) abends zwar weniger häufig das Licht angeknipst, dafür wird aber im Frühjahr und Herbst in den Morgenstunden mehr geheizt, so dass sich der Effekt aufhebt. „Die Zeitumstellung spart im Saldo daher keine Energie“, erklärt die Behörde.

Steht die Zeitumstellung vor dem Aus? Grundlage für die Zeitumstellung ist eine EU-weite Regelung, wonach die Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) in allen Mitgliedstaaten jeweils am letzten Sonntag im März beginnt und am letzten Sonntag im Oktober endet. Immerhin soll die umstrittene Zeitumstellung nach dem Willen des Europaparlaments nun auf den Prüfstand kommen. Im Februar beschloss das Straßburger Parlament, dass die EU-Kommission eine „gründliche Bewertung“ der entsprechenden Richtlinie vornehmen und gegebenenfalls Änderungsvorschläge vorlegen soll. Etwa jeder dritte Deutsche rechnet der DAK-Umfrage zufolge damit, dass die Sommerzeit in den nächsten fünf Jahren abgeschafft wird. Knapp jeder Fünfte hält dies innerhalb von zehn Jahren für realistisch.

Vor? Zurück? Diese Eselsbrücke müssen Sie sich merken: „Spring forward - fall back“: Die englische Eselsbrücke (“spring“ = Frühling, „fall“ = Herbst) ist an Einfachheit nicht zu überbieten, wenn man sie sich merken kann. Auf Deutsch ist es etwas komplizierter: Im Frühling werden die Gartenmöbel vor das Haus gestellt, im Winter wandern sie nach hinten in den Schuppen.