Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)
Und wie ging das dann los?
Michele: 1968 haben wir einen ersten gebrauchten Wagen gekauft, und ich bin nach Italien gefahren, um bei der Olivenernte zu helfen. Bei der Rückfahrt habe ich einige Liter Öl mitgenommen, um es hier zu verkaufen. So hat es angefangen.
Wer hat bei Ihnen eingekauft?
Der Stand von Di Gennaro in der Markthalle Foto: Günter E. Bergmann
Antonio: Zuerst nur unsere Landsleute, dann Spanier und Griechen. Die Deutschen kannten Olivenöl noch gar nicht. Wir haben ziemlich blauäugig angefangen. Wir wussten damals nicht einmal, dass wir Steuern für das Unternehmen bezahlen mussten. Als der erste Steuerbescheid kam, war das wirklich ein Schock für mich. Ich war sehr sauer.
Michele: Später hat unser Steuerberater immer gesagt: Wenn du dich über zu hohe Steuern ärgerst, kein Problem. Du musst nur weniger verdienen.
Sind Sie gleich voll in das Geschäft eingestiegen?
Michele: Nein, das war ein Nebenjob. Ich habe immer Nachtschicht in der Fabrik in Plochingen gemacht, Antonio hat tagsüber gearbeitet. Ich bin morgens noch die Ware einkaufen gegangen und Antonio hat die Lebensmittel dann mit dem Wagen ausgefahren nach seiner Schicht. Im Januar 1969 haben wir angefangen, schon im März konnten wir den ersten Kombiwagen kaufen. Wir haben sofort gemerkt, dass man da Geschäfte machen kann.
Was haben Sie verkauft?
Michele: Pasta, Tomatenmark, geschälte Tomaten in der Dose, Mortadella. Später haben wir dann auf dem Großmarkt Löwenzahn, Auberginen und Zucchini besorgt. Es gab damals im Großmarkt schon versuchsweise solches Gemüse, aber nur ambulante Händler wie wir kauften das.
Antonio: Auberginen kannte kein Deutscher. Auch Wassermelonen nicht. Die Deutschen haben das angeschaut, drauf geklopft und gesagt: Was ist denn das?
Michele: Ja, aber dann ging es Schlag auf Schlag. Wir haben innerhalb weniger Monate Läden in Wernau, Geislingen und Kirchheim/Teck eröffnet. Aber das Problem war, dass wir kein Geld zum Investieren hatten. Die Bank hat uns keine Kredite gegeben, weil wir keine Bilanzen vorweisen konnten. Der Bankberater bei der Volksbank in Plochingen sagte zu uns: ‚Ich weiß, dass ihr fleißige Jungen seid, aber ich will sehen, was hängen bleibt.‘
Sie haben also kein Geld bekommen?
Michele: Nein, ohne Bilanzen wollte er uns nichts geben. Wir haben das Geld dann von Freunden und Bekannten geliehen. Also diese Zeiten waren auch schwer.
Sie haben mal in einem Interview gesagt: Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit, Fleiß und Herz sind die Zutaten zum Erfolg.
Michele: Nein, das sind nicht die Zutaten, das ist die Grundlage für alles.
Diese Tugenden hören sich sehr schwäbisch an.
Michele: Unser Vater hat zu mir gesagt: ‚Michele, wenn du ein Gauner bist, kannst du nur mit dem Geld etwas kaufen, das du in der Tasche hast. Aber wenn andere Leute Vertrauen in dich haben, dann geben sie dir Geld, dann bist du ein Kaufmann auch ohne einen Pfennig. Aber du musst ehrlich sein.‘ Heute noch haben wir mit vielen unsere Lieferanten keine Verträge. Bei uns gilt immer noch das Wort. Was wir sagen, darauf kann man vertrauen.