Eine erneute Suche für die Therapieeinrichtung in Winnenden hat Erfolg. Allerdings treibt eine Gebäuderochade die Kosten in die Höhe.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Der erste Standort-Suchlauf für den geplanten Maßregelvollzug am Zentrum für Psychiatrie in Winnenden ist im Oktober am Protest der Nachbarschaft gescheitert. Eine Therapieeinrichtung für suchterkrankte Straftäter in Blickweite zu haben, schreckte die Anwohner. Nach zwei Bürgerdialogen ohne nennenswerten Sinneswandel zogen die Stadtverwaltung und die Klinik deshalb einen Schlussstrich – und versenkten die Machbarkeitsstudien für den Maßregelvollzug im Papierkorb.

 

„Aufgrund der geringen Akzeptanz nicht umsetzbar“, hieß es in einer vom Büro von Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth verbreiteten Erklärung über die nach monatelanger Vorarbeit eher überraschende Kehrtwende. Betont wurde in dem Papier allerdings auch, dass ein sicherer Betrieb auch an den beiden zuerst ins Auge gefassten Plätzen im Winnender Schlosspark leistbar gewesen wäre. Der Maßregelvollzug soll 70 Plätze für betroffene Patienten haben, durch einen Zaun gesichert sein und neben dem Wohnbereich einen Therapietrakt mit Kleinspielfeld für sportliche Betätigungen aufweisen.

Die Stadt achtete auf einen 50-Meter-Abstand zur Wohnbebauung

Dennoch versprach der Rathauschef, bei der Suche nach einer Ersatzlösung darauf zu achten, dass beim künftigen Standort für den Maßregelvollzug auch in Winnenden ein Mindestabstand von 50 Metern zur bestehenden Wohnbebauung eingehalten wird. Der ist in Baden-Württemberg nicht zwingend vorgeschrieben, in Nordrhein-Westfalen aber gesetzlich verankert – weshalb in den Reihen der Nachbarschaft auch auf diesen Standard gepocht worden war.

Einen Platz mit der gesuchten Mindestentfernung hat das Zentrum für Psychiatrie jetzt aufgespürt. Es handelt sich um das sogenannte Haus C am Rand des Schlossparks, das für den Maßregelvollzug abgebrochen werden müsste. „Da das Gebäude erst vor neun Jahren saniert worden ist, tut uns das wirklich weh“, sagt Anett Rose-Losert, die Geschäftsführerin des Klinikums. Das Haus wird bisher für die Suchttherapie genutzt, ein Neubau für den Maßregelvollzug würde eine beachtliche Rochade in Gang setzen.

Durch Nähe zu Schulen dürfte auch der neue Standort Kritik auslösen

Denn für die Suchttherapie wäre nicht nur ein zweiter Neubau nötig, das neue Haus würde auch den niederschwelligen Drogenentzug von seinem angestammten Platz verdrängen. Um für dieses Angebot neuen Platz zu schaffen, müsste die Musiktherapie neue Räume im Schloss finden, der bisher genutzte Bau am Rand des Schlossparks gilt energetisch ohnehin als sanierungsreif. „Mit 30 Millionen Euro kommen wir da nicht hin“, sagt Anett Rose-Losert auf die Frage nach der finanziellen Größenordnung der drei Bauvorhaben. Unklar ist außerdem, ob der neue Standort für den Maßregelvollzug in Winnenden auf Begeisterung stößt. Denn erstens befindet sich das Areal nicht nur unmittelbar neben der Kindertagesstätte, die von der Paulinenpflege für die Stadt und das Zentrum für Psychiatrie betrieben wird. Und zweitens sind sowohl das Winnender Schulzentrum als auch eine Flüchtlingsunterkunft nur einen Steinwurf weit entfernt. Für den neuen Standort spricht, dass wegen der Lage hinter einer Böschung nur wenig vom Maßregelvollzug zu sehen sein wird.