Die Patienten, die zu ihnen kommen, müssen multiprofessionell behandelt werden – da hat Marianne Klein keinen Zweifel. Genauso sicher ist sich die ärztliche Diektorin am Zentrum für Psychiatrie (ZfP) in Winnenden, dass dabei viele Experten eine Rolle spielen, um Hilfe anzubieten.
Deniz Karagülle wird durch zwei neue Chefärzte als Leitung ersetzt
Deshalb wurde nach der Neuorientierung von Deniz Karagülle die chefärztliche Leitung der Klinik für Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie nun zum 1. Juli mit einer Doppelspitze neu besetzt: Joachim Haas, Chefarzt in Winnenden und Serena Zwicker-Haag, Chefärztin in Ellwangen/Schwäbisch Gmünd teilen sich den Posten. Unterstützt werden sie von der Pflegedienstleiterin Anette Blauhorn, die für alle drei Standorte verantwortlich ist. „Mir ist auch der Pflegedirektor Klaus Kaiser gegenüber gestellt. Auf dieses duale Prinzip schwören wir hier“, erklärt die ärztliche Direktorin und fügt hinzu, dass es wie in allen Kliniken die Herausforderungen gebe, eine gute Patientenversorgung mit Spezialisierungen in Einklang zu bringen. „Da spielt besonders der Fachkräftemangel und die veränderte Einstellung zur Arbeit mit rein.“
Joachim Haas hat zuvor zehn Jahre in der Forensik gearbeitet
Dieser Angelegenheit werden sich jetzt auch die neuen Chefärzte in der Allgemeinpsychiatrie sowie in der Psychotherapie annehmen. Joachim Haas hat zuvor zehn Jahre in der Forensik gearbeitet. Der Abschied sei ihm schwer gefallen. „Ich habe mich in der forensischen Psychiatrie, wo es um Maßregelvollzug geht, wohl gefühlt. Die Überschneidung von Recht und Medizin gefiel mir schon immer.“ Er wolle Psychiatrisches richtig ins Juristische übersetzen.
Der 45-Jährige sieht es als seine Aufgabe junge Fachkräfte fürs ZfP im Klinikum Schloss Winnenden zu gewinnen. „Zudem werde ich mich bei Vorfällen um Anzeigen und rechtliche Belange kümmern“, sagt Haas und spielt darauf an, dass das ZfP bei Übergriffen von Patienten gegenüber dem Personal auch auf Hilfe der Polizei angewiesen ist. „Bei all dem ist Transparenz und Anleitung zur Selbsthilfe wichtig.“ So gebe er bei Schlafstörungen Tipps zur Schlafhygiene, damit der Patient sich selbst helfen könne. „Tabletten dürfen erst die dritte Wahl sein.“ Es geht ihm um Entscheidungsmöglichkeiten, die dem Patienten angeboten werden sollen, um so auch ein viel größeres Problem, nämlich Zwang und Gewalt zu verhindern und die Mitarbeiter zu schützen. „Gewünscht ist eine kurze Fixierung oder im besten Fall keine“, sagt Haas.
Es soll auch um sichere Station und Deeskalation gehen
Das Thema ist auch bei seiner Amtskollegin, der 57-jährigen Serena Zwicker-Haag, wichtig. Über die richtige Gestaltung der Räume und Schulungen von Deeskalation bei Mitarbeitern und dem Sicherheitspersonal soll das umgesetzt werden. „Da sind wir auf allen Ebenen dran, Stichworte sind Safewards, Weddinger Modell sowie Deeskalationstraining mit ,ProDeMa‘“, sagt Serena Zwicker-Haag, die an den Standorten Schwäbisch Gmünd und Ellwangen auch eine peripartale Sprechstunde anbietet. Gerade da könne sich die Behandlungsform ,Stäb‘ anbieten, bei der die Versorgung daheim ablaufe. „So kann eine Mutter beim Säugling bleiben, wir haben bisher nur eine geringe Anzahl an Plätzen, hoffen aber auf mehr.“
Darauf werde das Hauptaugenmerk gelegt, sagt auch die ärztliche Direktorin. „Bei Akutfällen wird es immer die stationäre Versorgung brauchen, aber daneben soll, was geht, ambulant ablaufen, denn wer ist schon gern in der Klinik“, sagt Marianne Klein.
Modelle für sichere Stationen
Safewards
Aggressionsmanagement und Deeskalation sind zentrales Thema in Psychiatrien. Das Modell Safewards zeigt, was Konflikte auslöst und bietet Interventionen an, um Aggressionen gar nicht entstehen zu lassen. Es umfasst Vorgänge für eine Reduzierung von Konflikten – zum Beispiel die Empfehlung, dass Patient und Personal ihre Erwartungen klären. Aber auch die gute und offene Raumgestaltung spielt eine Rolle.
Weddinger Modell
Seit Ende 2010 werden mit dem im Berliner Stadtteil Wedding entwickelten „Weddinger Modell“ neue Wege in der stationären Behandlung beschritten, die auch neue Maßstäbe für die ambulante Behandlung setzen: Patienten sind – anders als üblich – bei Besprechungen oder Therapieplanungen dabei; nichts wird über ihren Kopf hinweg entschieden.